Timoschenko ins Straflager verlegt: Justiz findet Haftbedingung normal
Der Anwalt der Ex-Regierungschefin vergleicht die Bedingungen der Haft mit Folter. Doch Überwachungskameras und Nachtlicht in den Zellen seien im Straflager normal, erklärt die ukrainische Justiz.
KIEW dpa | Die ukrainische Justiz hat Vorwürfe einer angeblich "unwürdigen Unterbringung" der zu sieben Jahren Straflager verurteilten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko zurückgewiesen. Die Zelle der 51-Jährigen in Charkow entspreche "europäischem Standard", teilten die Behörden in der Stadt rund 450 Kilometer östlich von Kiew am Donnerstag mit.
Die Haftanstalt veröffentlichte mehrere Fotos, die angeblich Timoschenkos Zelle zeigen. Darauf sind zwei Betten sowie eine Küchenzeile und ein Sanitärbereich zu sehen. Timoschenkos Anwalt Sergej Wlassenko hatte zuvor die Bedingungen im Frauenlager Charkow-Katschanowka in die Nähe von "Folter" gerückt.
Timoschenkos Zelle sei mit Überwachungskameras ausgestattet, zudem brenne ein Nachtlicht, hatte Wlassenko kritisiert. Dies sei jedoch in allen Zellen so, teilte die Anstaltsleitung mit. Sie gestattete dem Verteidiger, die vor wenigen Tagen nach Charkow verlegte Oppositionsführerin täglich zu besuchen.
Dagegen erhielt Timoschenkos Tochter Jewgenija nur eine Erlaubnis für zwei Treffen pro Woche. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Kiew wurde die erkrankte Ex-Regierungschefin von mehreren Ärzten untersucht. Der Zustand der Politikerin sei zufriedenstellend, allerdings müssten die Rückenschmerzen weiter intensiv behandelt werden, hieß es.
Die Verwaltung von Charkow forderte unterdessen zahlreiche Anhänger von Timoschenko auf, ihre Zelte einer Mahnwache vor dem Gefängnis abzubauen. Grund seien geplante Straßenbauarbeiten, teilte die Kommune mit. Zudem habe sich "zu viel Abfall" um das Zeltlager angehäuft.
Timoschenko soll beim Abschluss von Gasverträgen mit Russland ihrem Land finanziellen Schaden zugefügt haben. Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch, der als Timoschenkos schärfster Rivale gilt, weist Vorwürfe aber zurück, das international kritisierte Verfahren gegen die Oppositionsführerin sei politisch gesteuert.
Leser*innenkommentare
flipper
Gast
Das eigentliche Problem sind nicht die Haftbedingungen von Timoschenko, sondern die Art und Weise wie sich das ancien régime der Justiz bedient, um sich eine politische Rivalin per Schauprozess vom Hals zu schaffen. Ähnlickeiten mit dem poststalinistischen Putin-Russland sind alles andere als zufällig.
Das dreisteste dabei ist allerdings, wie sich Russland-Liebling und Giftmischer Janukowitsch dabei einer - behaupteten oder tatsächlich vorhandenen - Benachteiligung gerade gegenüber Russland durch Timoschenko bedient.
Maria
Gast
Diese Frau war doch Regierungscheffin. Hat man damit keine Macht in der Ukraine? Oder interessierte es sie damals nicht wie Schwerverbrecher im Knast behandelt werden? Aber jetzt wo sie selbst dort einsitzen muss ist das Gejammer grenzenlos. Hab mit dieser Frau kein Mitleid.
Benz
Gast
so ein Zufall aber auch- kaum kam die Justiz Timoschenko auf die Spur, war sie auf einmal, ganz plötzlich, schwerkrank und berief sich auf alle möglichen Zipperlein. Die einstige auf jung und sexy getrimmte Dame war auf einmal eine schwerkranke betagte alte Frau.
Erinnert mich irgendwie an Mubarak, der ist auch schwerkrank seit er angeklagt ist.
julius lieske
Gast
Man wünscht es wirklich niemand, in einem ukrainischen Gefängnis oder Lager zu sein. Oder jedenfalls fast niemand.
Vielleicht könnte der Anwalt eine Verlegung nach Guantanamo erreichen. Dort haben die Gefangenen wenigstens Handschuhe an, tragen Tag und Nacht eine Art Schlafbrille, hören schön Musik und auch die Hygiene kommt beim Waterboarding nicht zu kurz.
Sie hatte es jedenfalls in der Hand, die Gefängnisse ihres Landes zu reformieren, als sie noch an der Macht war. Damals hatte sie allerdings wichtigeres zu tun.