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: Hautärztin gewinnt Prozess gegen Online-Portal Jameda

Das Bewertungsportal Jameda muss die Persönlichkeitsrechte einer Ärztin wahren und schlechte Ratings löschen. Das Portal bevorzuge zahlende Kunden und sei nicht neutral

Das Neue

Das Ärztebewertungsportal Jameda muss die Daten einer Hautärztin aus Köln löschen. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Ärztin habe Vorrang gegenüber der Medienfreiheit von Jameda, weil das Portal nicht mehr neutral sei.

Der Kontext

Auf Jameda sind die Daten von rund 275.000 Ärzten gespeichert, für die zwei Millionen Bewertungen abgegeben wurden. Das Portal, das seit 2005 besteht und zum Burda-Konzern gehört, wird monatlich rund sechs Millionen Mal als Informationsquelle benutzt. 85 Prozent seines Umsatzes macht Jameda mit sogenannten Premiumkunden. Das sind Ärzte, die sich gegen Bezahlung auf dem Portal mit Foto und Zusatzinformationen selbst darstellen können. Von den nicht zahlenden Ärzten sind dagegen nur Basisdaten und die Bewertungen zu sehen.

2014 entschied der BGH, dass Ärzte die Listung von Basisdaten und (zutreffenden) Bewertungen auf solchen Ärztebewertungsportalen dulden müssen. Plattformen wie Jameda und Sanego hätten als „neutrale Informationsmittler“ einen legitimen Platz in der gesellschaftlichen Kommunikation über Ärzte und ihre Leistungen.

Eine Kölner Hautärztin wollte ihre Listung dennoch nicht akzeptieren. Wiederholt musste sie sich gegen schlechte Bewertungen wehren, die ihrer Meinung nach ungerechtfertigt waren und erst nach Einschaltung eines Anwalts entfernt wurden. Nach Löschung der beanstandeten Bewertungen stieg die Gesamtnote der Hautärztin von 4,7 auf 1,5.

Im Fall der Hautärztin prüfte der BGH das Geschäftsmodell von Jameda genauer und kam zu dem Schluss, dass Jameda die Rolle eines neutralen Informationsmittlers verlassen habe. Denn auf Seiten von Ärzten, die keine Premiumkunden sind, wurden Hinweise von Premiumärzten in der Nähe angezeigt. Bei den Profilen von Premiumkunden verzichte Jameda auf solche Einblendungen. „Damit hat Jameda den Verkehr gezielt zu den Premiumkunden gelenkt“, kritisierte Gregor Galke, der Vorsitzende BGH-Richter. In der Abwägung sei die Position von Jameda daher weniger schützenswert als bisher angenommen.

Die Reaktionen

„Wir freuen uns, dass mit der Schutzgelderpressung seitens Jameda nun endlich Schluss ist“, sagte Anja Wilkat, die Anwältin der Hautärztin. Der Medienrechtsanwalt Christian Solmecke prophezeite: „Auch eine Reihe anderer Bewertungsportale werden jetzt Probleme bekommen.“

Die Konsequenzen

Direkt vor dem Gerichtssaal kündigte Jameda-Geschäftsführer Florian Weiß eine Änderung des Geschäftsmodells an. „Künftig werden Ärzte bei Hinweisen auf andere Ärzte in der Nähe gleichbehandelt.“ Entweder solche Hinweise würden bei allen Ärzten eingeblendet, also auch bei Premiumkunden, oder bei gar niemand mehr. „Wir werden die Vorgaben des BGH zur Neutralität auf jeden Fall umsetzen“, so Weiß. Löschungswünsche von Ärzten, die sich auf das Urteil berufen, werde Jameda ablehnen. Christian Rath