Ex-Tierfilmtrainer mit eigenem Zoo: Im Park des Tierflüsterers

Joe Bodemann war jahrzehntelang Deutschlands erfolgreichster Tierfilmtrainer. Mit Bären und Tigern umgibt er sich noch immer.

Tierfilmtrainer mit Pflegling: Als die Mutter ihn nicht säugen konnte, erhielt der Löwe „Alf“ 2007 Asyl bei Joe Bodemann. Bild: Peter Steffen/dpa

ESCHEDE taz | Wenn in den 80er- und 90er-Jahren bei Filmaufnahmen und Fernsehshows ein Tier benötigt wurde, das sich vor der Kamera benehmen konnte, wurde Joe Bodemann gerufen. Ob nun „Im Namen der Rose“ eine Ratte durchs Bild huschte, der Hund Jerry in der „Schwarzwaldklinik“ putzige Dinge anstellte oder Stacy Keach in einer Hemingway-Verfilmung gegen einen Löwen antrat: Immer wieder hatte Bodemann den Satz zu widerlegen, es sei nichts schwerer zu drehen als Szenen mit Tieren.

Bodemann war bekannt für seine sanfte Art der Dressur, konnte sich so in viele verschiedene Tiere einfühlen, dass ein Pferdeflüsterer im Vergleich blass wirkte. Sogar als er 1999 bei einer RTL-Gala von seinem Löwen „Ken“ angefallen und schwer verletzt wurde, ändert dies nichts an seiner Passion.

Begonnen hatte er in den 60er-Jahren mit einer Hundeschule, war dann dazu übergegangen, Raubtiere zu dressieren und mit einer Tiershow durch das Land getingelt. Ende der 70er-Jahre wurde dann für ein paar Filmszenen ein Löwe benötigt – und Bodemann bekam den ersten Auftrag in jener Branche, für die er fortan sehr viel arbeitete.

In den 90er-Jahren reiste er von Filmset zu Fernsehstudio, und seine Assistenten mussten jeweils die richtigen Tiere anliefern. Bei der ARD-Show „Einer wird gewinnen“ gehörte er über Jahrzehnte fast zum Stammteam: Spiele mit Tieren waren dort so beliebt.

Nun musste Bodemann all diese Tiere auch irgendwo halten. So betrieb er mit seinen Raubkatzen, Bären, Wölfen, Adlern, Büffeln und Vogelspinnen im Grunde schon lange einen Zoo, und so war es nur konsequent, diesen dann auch fürs Publikum zu öffnen – und damit Geld zu verdienen.

Für Film und Fernsehen arbeitet Bodemann nicht mehr viel. Sein Geschäftsführer Sven-Jens Hellwig-Schmidt wird verdächtig vage, fragt man nach aktuellen Projekten, und all die Anekdoten über schlafende Hühner oder eine Nonne und einen ausgebrochenen Löwen stammen aus dem letzten Jahrtausend. Tiere dressiert Bodemann noch immer, aber eher für die täglichen Shows – und als Spezialangebote für zahlende Kunden.

2005 hat er ein großes Waldgelände ein paar Kilometer außerhalb des niedersächsischen Eschede gepachtet. Dort hält er seitdem 300 Tiere 70 unterschiedlicher Arten, darunter verschiedene Wölfe und Bären, Bisons, Tiger, Leoparden und einen alten Löwen, aber auch Hühner, Erdmännchen und Lamas.

Beim Rundgang unterscheidet sich der „Filmtierpark“ erst mal nicht von anderen Zoos, aber es gibt täglich mehrere Vorführungen, bei denen die gefährlicheren Tiere die Hauptrollen spielen. Alle grundsätzlichen Einwände gegen die Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft gelten auch hier, aber zumindest seinem Selbstverständnis nach ist Bodemann leidenschaftlicher Tierfreund: Er dressiert mit Belohnung und Zuneigung statt mit Peitsche und Bestrafung. So nötigt er den Tieren keine Kunststücke ab, sondern fördert Spieltrieb und Bewegungsdrang.

„Wo Mensch und Tier Freunde werden“: Der Slogan klingt kitschig, ist aber ehrlich gemeint. Alte Tiere, deren Show-Karriere vorbei ist, werden nicht wie üblich eingeschläfert, sondern leben bis zu ihrem natürlichen Ende im Park. Manche Schicksale sind dabei dramatisch. So wurde etwa der weiße Tiger Elvis nach einem Trümmerbruch am Hinterbein fünfmal operiert und soll sogar nach einem Herzstillstand wiederbelebt worden sein.

Bodemann ist nicht zuletzt ein geschickter Geschäftsmann, der weiß, was sein Publikum haben will – und was es dafür zahlt. So können alle Tiere im Park gestreichelt werden, auch die gefährlichen. Aber für sie offeriert man „Privataudienzen“, die, mit Übernachtung und Essen, auch 330 Euro kosten können.

Viele der Tiere in Eschede haben Paten, die auf Tafeln vor den Gehegen genannt werden, aber für fünf Euro pro Person kann jeder eigenhändig die Tiger füttern. Ein „Erlebnisfoto mit der Tigerin Mara“ kostet 20 Euro, Bodemann verkauft Hundefutter nach eigenem Rezept, auf dem Gelände gibt es eine Hunde-Akademie, eine Tierpension namens „Pfötchen-Hotel“ und eine Praxis als Tier-Heilpraktiker betreibt der Tierflüsterer auch noch. Um den Betrieb in den schwarzen Zahlen zu halten, reichen Geschäftsführer Hellwig-Schmidt zufolge die 50.000 Besucher im Jahr nur knapp.

Der NDR macht immer wieder kleine Reportagen über Bodemann, alle paar Jahre erzählt ein Filmemacher seine Geschichte neu, und natürlich ist eine DVD über seine Arbeit als Heilpraktiker erhältlich. Passender Titel: „Der mit den Tieren spricht!“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.