Die grüne Mafia

■ Die Bio-Lüge, Mittwoch, 22.15 Uhr, ZDF

Was haben Atomwirtschaft und Bio-Bauern gemeinsam: Sie kontrollieren sich selbst, unabhängige Prüfer haben keinen Zutritt. Beides hat katastrophale Folgen, verhindert Transparenz und führt zu beinahe sektiererisch abgeschlossenen Zirkeln mit immer neuen Skandalen. Anders als die Atomiker stehen die Bio-Bauern für eine gute Sache. Vor lauter Wohlwollen hat man deshalb offenbar jahrelang nicht so genau hingesehen. Daß Vertrauen gut, Kontrolle aber besser ist, gilt aber nicht nur für den Handel mit Uran und Atommüll.

Wie mit spanischem Bio-Gemüse im großen Stil betrogen und geschoben wurde, haben Heiner Gatzemeier und Isabel de La Vega aufgedeckt. Tonnenweise hat der spanische Bio-Riese „La Tenienta“ konventionelle Ware aufgekauft, sie zuhause umettikettiert, in grüne Kisten gepackt, um sie anschließend nach ganz Europa zu exportieren. Ein früherer Geschäftsführer der Firma enthüllte die krumme Tour, zusätzlich konnten sich die Autoren bei eigenen Recherchen ein Bild machen. Farbgebung: Finster. Mittenmang in einer von Flugzeugen mit Pestiziden besprühten Agrarwüste liegt ein kleiner Bio-Acker. Ein paar Fähnchen sollen den Piloten als Warnhinweise dienen: Bitte nicht spritzen. Und der spanische Kontroletti vom Bio-Verband findet das ganz in Ordnung.

Ein anderer Bio-Bauer, der zu 90 Prozent konventionell wirtschaftet, hat sein Bio-Karottenfeld in Hühnergülle ertränkt — von einer Großfarm mit Massentierhaltung. Biologische Avokado tragen ein Etikett aus Sevilla. Prima, nur kann in ganz Sevilla keine einzige Avokado wachsen, weil es dort viel zu heiß ist. In bundesdeutschen Öko-Waren entdeckten die Fimemacher Chemikalien, die auf zweifelhafte Herstellungstechniken schließen lassen. Maschinenöl und Benzole im Speiseöl, Würze in der Gemüsebrühe.

Der Film könnte eine Lawine losgetreten haben. Auch wenn er an der Schwäche litt, daß zu oft von Dokumenten die Rede war, aber nur wenige im Bild gezeigt wurden, war die Kritik überzeugend. Man darf gespannt sein, wie die Verbandsmuftis reagieren werden: wie die Atomwirtschaft oder wie ein um volle Aufklärung bemühter fortschrittlicher Hersteller. Auch die kleinen Bio-Läden sollten Druck machen. Es braucht endlich unabhängige Kontrolleure, nicht angekündigte Inspektionen und eine regelmäßige, laboranalytische Überwachung. Denn es geht hier nicht nur um geprellte Kunden, sondern auch um einen Zukunftsentwurf. Manfred Kriener