Neue Handlungsempfehlungen des Bundes: Wie mit Crack umgehen?

Der Crackkosum in deutschen Großstädten steigt weiter an. Die Deutsche Aidshilfe veröffentlicht nun Handlungsempfehlungen.

Hygienisch verpackte Spritzen und Besteck zum Drogenkonsum

Der Konsum von Crack steigt in deutschen Großstädten: Steril verpacktes Besteck könnte die Ansteckung mit Hepatitis-C vermeiden Foto: Anthea Schaap/imago

BERLIN taz | Noch bevor Burkhard Blienert die neuen Handlungsempfehlungen vorstellen kann, verschüttet er sein Wasser über das Heftchen. Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen stellt am Mittwoch im Drogenkonsumraum „Druckausgleich“ in Neukölln das vor, was die Deutsche Aidshilfe in Zusammenarbeit mit den Betreiber_innen der deutschen Drogenkonsumräume erarbeitet haben: Empfehlungen dafür, wie sich die Länder an die Crack-Welle in Deutschland anpassen können.

Obwohl Crack schon seit den Neunzigern in Deutschland existiert, lässt sich seit einigen Jahren ein drastischer Anstieg im Crackkonsum besonders in Großstädten im Westen Deutschlands und in Berlin erkennen. Die Zunahme des Crackkonsums erfordere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Substanz, so Blienert. Deshalb müsse es nun spezifische und angepasste Angebote geben.

Crack entsteht, wenn man Kokain in Pulverform zusammen mit Natron und Wasser aufkocht. Die Steine, die dadurch entstehen werden dann auf einem Kaffeefilter getrocknet und in einer Pfeife geraucht.

Die Droge verursacht eine starke Verelendung und Verwahrlosung unter den Konsument_innen. Oft unterdrückt die Substanz sämtliches Durst- und Hungergefühl und verursacht, dass die Betroffenen vollkommen dehydriert und mangelernährt sind. Lydia Kieswetter, die pflegerische Leitung im „Druckausgleich“ macht die Auswirkungen der Sucht anschaulich: „Wenn man unsere Arbeit mit deren Arbeit vergleicht, ist der Konsum ein 24 Stunden Job. Es gibt keine Pause.“

Keine Forschung Richtung Substitution

Um den Betroffenen zu helfen und den Konsum aus der Öffentlichkeit in Konsumräume zu verlegen, schlägt die Deutsche Aidshilfe nun verschiedene Maßnahmen vor. Zum einen müssen Konsument_innen in niedrigschwelligen Anlaufstellen neue Konsumutensilien erhalten, besonders um eine Ansteckung mit Hepatitis-C zu vermeiden.

Außerdem soll in diesen Einrichtungen auch kalorienreiches Essen ausgegeben werden, um der Mangelernährung vorzubeugen. Tagesruhebetten sollen den Konsument_innen, die meist obdachlos sind, die Möglichkeit geben, sich hinzulegen, etwa wenn mehrere Tage am Stück konsumiert wurde. Außerdem sollen in Drogenkonsumräumen Rauchplätze eingerichtet werden, um den Konsum aus dem öffentlichen Raum in ein sicheres Umfeld zu verlagern.

Finanzieren müssten das die Länder selbst, der Bund schaffe lediglich die Rahmenbedingungen, so Blienert. „Drogenpolitik darf aber kein Sparprogramm sein“, fügt er hinzu. Die einzelnen Punkte seien in verschiedenen Bundesländern bereits erfolgreich getestet worden. Ob oder wie die Länder das nun umsetzen, ist ihnen überlassen.

In einigen Ländern wie Bayern, Rheinlandpfalz, so wie in Ländern Ostdeutschlands gibt es bisher keine Drogenkonsumräume. Dirk Schäffer von der Deutschen Aidshilfe sieht die Handlungsempfehlung auch als eine Art Anstoß, solche Räume einzurichten. „Es darf nicht von Wohnort abhängen, ob man als Abhängiger Hilfe bekommt oder nicht.“

Auch Substitutionsprogramme werden besprochen, so Astrid Leicht, Geschäftsführerin der Berliner Fixpunkt e.V.: „In anderen Ländern ist man da pragmatischer als hierzulande.“ So werde beispielsweise in der Schweiz Crack-Substitution bereits mit verschiedenen Substanzen versucht. Ein richtiges Forschungsprogramm dazu gebe es in Deutschland bisher allerdings nicht.

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