Erfinder Thomas Albiez über Elektroautos: „Ein E-Auto darf 1,2 Tonnen wiegen“

Thomas Albiez war mit seinem Hotzenblitz ein Vordenker der Elektromobilität. Dass E-Autos immer schwerer werden, hält er für einen fatalen Irrweg.

Albiez mit Hotzenblitz vor See

So war es: Erfinder Albiez mit seinem Hotzenblitz Foto: privat

taz: Herr Albiez, als Sie damals den Hotzenblitz auf den Markt brachten, hätte sich niemand träumen lassen, dass in Europa mal über ein Verbrennerverbot diskutiert würde. Dass es doch so kam, macht Sie das zufrieden?

Der 67-jährige Schwarzwälder ist ein Pionier der Elektromobilität. Albiez baute 1991 einen ersten Prototypen seines Hotzenblitz und startete 1994 im ehemaligen Simson-Mopedwerk im thüringischen Suhl eine Kleinserienfertigung. 127 Fahrzeuge baute seine Firma, dann ging dem Projekt das Geld aus.

Thomas Albiez: Oh nein, überhaupt nicht. Die Politik marschiert mit diesem Verbot in die komplett falsche Richtung und vernichtet so Arbeitsplätze. Das Verbrennerverbot hat eine fatale Entwicklung angestoßen, es hat das Elektroauto zum Fernreiseauto gemacht. Die Reichweiten mussten immer größer werden, die Batterien entsprechend immer schwerer. Das hat mit umweltfreundlicher Mobilität nichts mehr zu tun. Man fördert so nur Arbeitsplätze in Asien, da von dort in Zukunft kleinere E-Autos und Verbrenner für den Rest der Welt kommen.

Was ist Ihre Alternative?

Man sollte nur in jenen Marktsegmenten Batteriefahrzeuge nutzen, in denen es ökologisch wirklich sinnvoll ist. Je mehr Batterie-Gewicht man mit sich herumfährt, umso verheerender wird die Umweltbilanz. Den Verbrenner komplett ablösen zu wollen, ist daher Irrsinn. Und dennoch gibt es so viele bedingungslose Hinterher-Renner, die jedes Elektroauto propagieren. Eine vernünftige Politik ist das nicht.

Wie sieht ein Batteriefahrzeug aus, das dem Verbrenner ökologisch überlegen ist?

Ich würde es vom Gewicht her sehen: Maximal 1,2 Tonnen, das ist die Grenze. Wenn man konsequent mit neuer Technik auf Leichtbau setzt, schafft man auch mit einem Viertürer 200 bis 600 Kilometer. Es gibt eine Grundformel, an der niemand vorbeikommt: Je kleiner das Gewicht, umso kleiner das Akkupaket, umso weniger Strom wird verbraucht, umso länger leben die Akkus, umso günstiger werden Akkus und die gesamte E-Mobilität.

Aber wollen die Kunden das? Jedes zweite neu zugelassene Elektroauto war letztes Jahr ein SUV.

Politik und Autoindustrie haben diesen Trend befördert. Die Kaufprämie, die zum Glück beendet ist, war absurd. Damit wurden überteuerte und überdimensionierte Fahrzeuge subventioniert. Doch Subventionen machen die Welt nicht besser. Die Fahrzeuge müssen vielmehr aus sich heraus durch eine kluge Dimensionierung und vertretbare Batteriegrößen sowie ein niedriges Fahrzeuggewicht attraktiv werden. Man muss sich nur die europäische Automobilgeschichte anschauen, es gab immer einen beträchtlichen Markt für vernünftige Kleinwagen: Fahrzeuge wie der VW Käfer, der Renault R4 oder der Citroën 2CV – die legendäre Ente – haben vielen Menschen günstige Mobilität beschert. In diesem Segment sollten die Elektroautos zu Hause sein – hochmodern, leicht, robust gebaut, damit ökonomisch und ökologisch. Die Zielgruppe ist groß. Sie umfasst zum Beispiel auch Dienstleister in den Städten, Handwerker und Pflegedienste.

In diesen Markt wollen Sie nun rein und haben bereits im Sommer 2021 angekündigt, den Hotzenblitz neu aufleben zu lassen. Was genau wird das für ein Auto sein?

Es gab Verzögerungen, weil wir bis heute noch keinen Investor gefunden haben und auch viel Zeit in einige Alleinstellungsmerkmale investiert haben, um gegen Mitbewerber auch aus Asien bestehen zu können. In der Standardvariante wird das Auto nur 680 bis 750 Kilogramm wiegen, ohne dass wir dafür Faserverbundwerkstoffe brauchen. Wir nutzen für die Außenhülle ABS-Kunststoff, der leicht zu recyceln ist. Weil er durchgefärbt ist, brauchen wir keine Lackieranlage. Die Grundstruktur des Fahrzeugs stammt aus der Formel 1: ein leichter bezahlbarer Rohrrahmen aus Stahl für die Crash-Sicherheit und ein Alu-Sandwich-Boden. Es wird je nach Kundenwunsch ein Zwei- bis Viersitzer sein, standardmäßig ausgestattet mit einer 20-Kilowattstunden-Batterie für eine Reichweite von 200 Kilometern. Aber wir bieten optional auch eine Batteriekapazität bis 600 Kilometer Reichweite an. Der Platz dafür ist im Unterboden vorhanden.

Wann wird das Modell zu kaufen sein?

In Bayern haben wir gerade eine Firma gefunden, die uns die ersten Fahrzeuge baut. Im Mai/Juni werden wir die ersten Exemplare vorstellen, da starten wir den Vorverkauf. Ab 250 Fahrzeugen pro Jahr können wir kostendeckend arbeiten.

Damit starten Sie in der Nische, doch wie kommen wir dahin, dass leichte Fahrzeuge in großem Stil die schweren Elektroschlitten verdrängen?

Der Stopp der Kaufförderung ist ein Anfang. Der Staat sollte jetzt vor allem über die Kfz-Steuer Anreize geben, indem er den Steuersatz am Gewicht der Fahrzeuge bemisst. Die Politik sollte zugleich die Menschen aufklären und das falsche Bewusstsein zur Mobilität ändern. Doch leider glauben selbst viele bei den Grünen noch, dass E-Autos jeder Größe gut für die Umwelt seien. Es ist frustrierend zu sehen, dass selbst die einstige Umweltpartei nicht erkennen will, dass elektrisch angetriebene Dreitonner nicht die Lösung sind. Wir betreiben dann fossile Kraftwerke, um die überdimensionierten Fahrzeuge mit Strom zu versorgen, und bringen unsere Stromnetze ans Limit, weil die dicken Batterien möglichst schnell geladen werden sollen. Das hat alles mit Nachhaltigkeit in der Mobilität nichts mehr zu tun – deswegen setzen wir auf Kleinfahrzeuge im Zusammenspiel mit dezentraler erneuerbarer Erzeugung.

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