SPD in der Klemme

In der Bildungspolitik drischt die SPD auf Schwarz-Grün Pläne ein, ist aber intern zerstritten. Landesparteitag Anfang Juli wird klären, ob Volksinitiative „Schule für alle“ doch unterstützt wird

VON KAIJA KUTTER

Mit der grünen Schulpolitik geht die SPD-Fraktion hart ins Gericht. „Schwarz-Grün schafft Elternwahlrecht light“, skandalisierte sie und zitierte einen Zeitungsbericht, wonach die Eltern ihre Kinder künftig nur noch in Anmeldeverbünden und nicht mehr an jeder beliebigen Grundschule der Stadt anmelden können. Statt das Elternwahlrecht auszuhölen, solle Bildungssenatorin Christa Goetsch die Schulen besser machen, mahnte der SPD-Schulpolitiker Thies Rabe.

Die Sache ist laut Behördensprecherin Annegret Witt-Barthel etwas anders. Schon heute würden nur wenige Eltern ihr Kind außerhalb des Verbunds anmelden. „Solche Ausnahmefälle werden auch weiter möglich sein“, sagt sie. Etwa, wenn ein Elternpaar in Bergedorf wohne und in Altona arbeite und dort die Kinder einschulen wolle. Dennoch würden die Anmeldeverbünde „eine stärkere Rolle spielen und verbindlicher sein“.

Interessant ist: es gibt in der SPD Stimmen, die genau dies verlangen, weil sie die sechsjährige Primarschule zwar begrüßen, aber Bauchschmerzen haben, was die geplante räumliche Anbindung einiger Primarschulen an Gymnasien betrifft. Um eine soziale Entmischung zu verhindern, fordert die Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) in einem Antrag für den Landesparteitag am 4. Juli, die Wiedereinführung des alten Prinzips der „Bezirksgrundschule“, das viel strikter ist als das der Anmeldeverbünde und den Kindern nur eine Schule zuweist: die der Wohnung am nächsten gelegene.

„Da gibt es verschiedene Meinungen in der Partei“, sagt Thies Rabe. „Parteitagsbeschluss ist, dass wir das Elternwahlrecht nicht antasten wollen“. Beschluss des großen Bildungsparteitags vom Dezember 2006 ist aber auch, dass Hamburgs SPD als Ziel „eine Schule für alle“ möchte. Dennoch verfügte im Juli 2007 der Landesvorstand, dass die Partei die Volksinitiative „Schule für alle“ nicht unterstützt.

Auch hier gerät die Parteispitze jetzt unter Druck. So wird der SPD-Kreis Harburg auf besagtem Juli-Parteitag beantragen, die Initiative doch zu unterstützten. Angesichts der veränderten politischen Vorzeichen, sei es Zeit, sich neu zu positionieren. Und der Kreis-Nord wird beantragen, diese Frage den Kreisen freizustellen. Die Kreisvorsitzenden von Harburg und Nord, Frank Richter und Inka Damerau, sind immerhin Stellvertreter von SPD-Landeschef Ingo Egloff.

Doch der erklärte nun in der Tageszeitung Die Welt, es gebe keinen Anlass, den Beschluss zu ändern. „Die SPD ist der Auffassung, dass man nicht per Dekret das System verändern darf, sondern dies eines fundierten und deshalb längerdauernden Überzeugungsprozesses bedarf“. Für Initiativen-Sprecherin Karin Medrow-Struss unverständlich: „Etwas basisdemokratischeres als einen Volksentscheid gibt es nicht“.

Pikant wird es, wenn jetzt einzelne Mitglieder die Gymnasiums-Volksinitiative „Wir wollen lernen“ unterstützen. So wirbt der Kreiselternrat 12 in Mitte auf seiner Homepage für Unterschriften. Dessen Vorsitzender Frank Ramlow ist zugleich SPD-Bezirksabgeordneter. „Ich bin nicht aktiv dabei“, sagt Ramlow. Es sei sein Kreiselternrat, der die Initiative unterstütze. Er habe „eine private Meinung und eine Parteimeinung“.