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Archiv-Artikel

Lauge auch im Salzstock Gorleben

Das niedersächsische Umweltministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz bestätigen Berichte über Laugenzuflüsse in Gorleben. Der Umweltausschuss des Landtags fordert vollständige Aufklärung

Nicht nur in das marode Atommülllager Asse dringt Lauge ein, sie plätschert offenbar auch kräftig im Gorlebener Salzstock. Obwohl der Salzstock stets als trocken bezeichnet werde, seien dort mindestens 160.000 Liter Lauge zugeflossen, sagte der Fraktionschef der niedersächsischen Grünen, Stefan Wenzel, am Sonntag der taz. Der Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags, dessen Vorsitzender Wenzel ist, fordere deshalb eine vollständige Liste und Analyse aller Laugenzuflüsse seit Beginn der Erkundung des Salzstocks.

Der in Bremen erscheinende Weser Kurier hatte in seiner Samstags-Ausgabe berichtet, dass es auch in Gorleben Laugenzuflüsse gebe. Das Blatt beruft sich dabei auf Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) und des niedersächsischen Umweltministeriums.

Das Ministerium betonte jedoch, die Zuflüsse seien nicht mit denen in der Schachtanlage Asse vergleichbar. In Gorleben dringe das Wasser nicht von außen ein, es handele sich vielmehr um Millionen Jahre alte Laugen fossiler Art. Das BfS bezeichnete die Flüssigkeiten in Gorleben als so genannte Formationswässer, Reste des vor 240 Millionen Jahren gebildeten Zechsteinmeeres.

Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg erklärte dagegen, das Anlegen der beiden Schächte im Gorlebener Erkundungsbergwerk sei bis Mitte der 1990er Jahre „von permanenten Laugenzuflüssen“ begleitet gewesen. Die Bauarbeiten hätten in rund 320 Meter Tiefe wiederholt unterbrochen werden müssen, weil der Schacht nass gewesen sei.

Zwischen März und Dezember 1996 wurden nach Angaben der BI bei horizontalen Bohrungen in 840 Meter Tiefe Laugennester angebohrt. Der Kieler Geologe Klaus Duphorn, ursprünglich ein Befürworter des Plans, Gorleben als Endlager für Atommüll zu nutzen, hielt es daraufhin für „erwiesen, dass der Salzstock nicht geeignet ist“.

Im Atommülllager Asse seien die Laugenzuflüsse „der Anfang vom Ende“ gewesen, sagte Grünen-Politiker Wenzel. „Wir müssen aus den Fehlern lernen, die in der Asse gemacht wurden“. Die Parallelen zwischen den Salzstöcken müssten nun aufgearbeitet werden. „Schließlich war die Asse ein Prototyp für Gorleben.“ Die Gorlebener BI begrüßte Wenzels Vorstoß: „Das war überfällig, denn das historische Gedächtnis in Sachen Laugenzufluss ist in der Politik leider ultrakurz und bedarf der Auffrischung“, sagte ihr Sprecher Wolfgang Ehmke. REIMAR PAUL