Mit den Waffen des Rechts
: KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH

Brigitte Mohnhaupt ist draußen. Für sie persönlich mag das eine gewaltige Veränderung sein, für die Bundesrepublik weniger. Mohnhaupt hat ihre Mindeststrafzeit verbüßt und es besteht keine Rückfallgefahr, deshalb hatte sie sogar Anspruch auf ihre Freilassung. So geht die Justiz nun mal ihren Gang – auch bei ehemaligen RAF-Gefangenen.

Was bei Mohnhaupt relativ geräuschlos ablief, knirscht bei Christian Klar jedoch gewaltig. Der Bundespräsident will noch „geraume Zeit“ über dessen Gnadengesuch nachdenken. Und Stuttgarts Justizminister Goll verzögert die Vorbereitungen auf eine reguläre Entlassung. Was aber ist so anders bei Christian Klar?

Zwei Dinge liegen auf der Hand. Klar wurde zwar zeitgleich mit Mohnhaupt verurteilt, doch das Oberlandesgericht Stuttgart bestimmte für ihn eine zwei Jahre längere Mindesthaftzeit von 26 Jahren. Regulär müsste Klar also noch zwei Jahre im Gefängnis bleiben. Nur im Falle einer Begnadigung durch den Bundespräsidenten hätte er zusammen mit Mohnhaupt entlassen werden können. Mohnhaupt jedoch hat nie einen Gnadenantrag gestellt.

Deshalb verpufften auch alle Forderungen an Mohnhaupt, sie solle öffentlich Reue zeigen und sich bei ihren Opfern entschuldigen. Dagegen können im Gnadenverfahren, für das es keine festen Regeln gibt, viele Argumente eine Rolle spielen. Nur aus Respekt vor dem Präsidentenamt hält sich da niemand zurück, zumal sich Köhler selbst auch in andere Politikfelder einmischt.

Die Forderung nach Reue konzentriert sich folgerichtig auf Christian Klar. Klar aber schwieg – und als er sich in einem politischen Grußwort doch äußerte, sprach er nicht über die Opfer der RAF, sondern über die vom ihm herbeigesehnte „Niederlage für die Pläne des Kapitals“. Dass diese Instinktlosigkeit in einem politisch diskutierten Gnadenverfahren berücksichtigt wird, ist verständlich.

Weniger verständlich ist, dass wegen dieser Meinungsäußerung nun ein neues Gutachten über Klars Gefährlichkeit erstellt werden muss. Dass Klar sich gegen diese populistische Frechheit nun vor Gericht zur Wehr setzt, kann man verstehen. Es ist vielleicht sogar ein gutes Zeichen: Auch er kämpft nun mit den Waffen des Rechts.