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: Ice Age II

Die Patchworkfamilie in ihrem Lauf hält weder Säbelzahntiger noch Gletscher auf. „Ice Age“, der Vorgänger der jetzt in die Kinos kommenden Fortsetzung, ist ein verehrungswürdiger Film. Was nicht allein an der Liebe und Sorgfalt liegt, mit dem darin die Figuren zum Leben erweckt werden, sondern auch an dem Glauben daran, mit einem Animationsfilm eine geradezu klassische Geschichte erzählen zu können. Ein zusammengewürfelter Haufen oder, wie es im Film heißt, eine „krasse Herde“ – Mammut, Faultier, Säbelzahntiger – unternimmt eine große Reise voller Abenteuer, um ein Menschenkind zu retten und dabei selbst zusammenzufinden: ein großartiger Kinomythos, mit Ironie und Schwung (und, nicht zu vergessen, guten Witzen) erzählt.

Wie es immer so ist, wenn die Besprechung eines Sequels mit dem Original anfängt: Die Fortsetzung schafft es dann nicht, den Stand des ersten Teils zu halten. Bei „Ice Age II – Jetzt taut’s“ hatten sie vor allem Probleme, die Figurenkonstellation im Zaum zu halten. Zunächst geht es ja darum, sich für die bekannten Figuren neue handlungsmotivierende Konflikte auszudenken: Was in der Fortsetzung beim Mammut noch gut hinhaut, aber zugleich auch absehbar bleibt; es bekommt, da kann man wenig falsch machen, eine neue Gefährtin. Schon bei Sid, dem Faultier, funktioniert das aber nur noch halbwegs – wieder reißt es viele lustige Sprüche, wieder hält es, obwohl scheinbar das schwächste Glied, die Herde zusammen; aber all das kennt man nun ja schon. Bei Diego, dem Säbelzahntiger, klappt die Dramaturgie dann gar nicht mehr. Während er im ersten Teil einen wirklichen inneren Konflikt zu bestehen hatte, geht es für ihn nun allein darum, seine Wasserscheu zu überwinden. Das ist dann schon ziemlich ausgedacht. Und da kommen die vielen neuen Figuren ja noch hinzu. Hier hat man sich viele tolle Ideen einfallen lassen, etwa eine Mammutdame, die sich für ein Opossum hält. Aber eine so tragfähige Dramaturgie wie im ersten Teil wäre wohl auch ganz gut gewesen. Dass die Konflikte platter geworden sind, erkennt man daran, dass die Bösen im zweiten Teil reine Fressmaschinen ohne eigene Geschichte sind und sowieso der ganze Tiefsinn fehlt, dass Tiere einen Menschen retten, von dem sie womöglich bald gejagt werden. Nur kein Risiko mit der Geschichte eingehen. Dafür lieber noch einmal bewährte Qualitäten neu präsentieren – das, so stellt man sich das vor, wird wohl das Kalkül gewesen sein.

Schade. Die Fortsetzung ist so nämlich gar kein richtiger zweiter Teil. Sondern eher ein ausufernder Bonustrack für Liebhaber. Jetzt noch mehr Witze von Sid. Noch mehr fehlschlagende Eichelverbuddelungen der Eichkatze Scrat. Noch mehr schräge Eiszeittiere und vor allem eine noch tollere Computeranimation. Immerhin: Das Wiedersehen mit Sid, Manni, Diego und all den anderen freut einen ja trotzdem. Aber die Maßstäbe setzt nach wie vor Teil eins. DIRK KNIPPHALS

„Ice Age II – Jetzt taut’s“. Von John Vitti. Animationsfilm. USA 2006. 95 Min.