WASG-Alleingang nicht mehr zu stoppen

Monatelang haben die Fusionsstrategen gedroht, keinen Wahlkampf der WASG gegen die PDS in Berlin zuzulassen. Doch offensichtlich kennt niemand in der WASG-Chefetage einen rechtlichen Weg, das Horrorszenario noch abzuwenden

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

Am Morgen nach der Auszählung der Berliner WASG-Urabstimmung ist bei den Fusionsbefürwortern von Euphorie nichts mehr zu spüren. Keine 24 Stunden zuvor hatte der Fusionsbeauftragte der Linkspartei Bodo Ramelow noch öffentlich in die Mikrofone posaunt, die Beziehungskrise der linken Schwesterparteien sei dank des Mitgliedervotums beendet. Man werde unter keinen Umständen einen Alleingang der WASG bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst zulassen. Nun ist klar: Das Gegenteil wird eintreten. Es wird einen Wahlkampf der WASG gegen die PDS in Berlin geben.

Der Berliner WASG-Vorstand setzt alles daran, schleunigst Tatsachen zu schaffen. „Wir müssen nur noch einige Papiere zusammenstellen“, sagt Rouzbeh Taheri vom Berliner WASG-Vorstand: „Dann melden wir so schnell wie möglich beim Landeswahlleiter unsere Kandidatur an.“ Dies sei nur noch eine Formalität, sie solle spätestens Anfang nächster Woche erledigt sein.

Die Berliner gehen damit auf Nummer sicher. Der eigenständige Antritt soll offiziell beantragt sein, bevor jemand auf die Idee kommt, ihn noch zu blockieren. Allerdings spricht bisher nichts dafür, dass die Parteispitze dies überhaupt versucht.

„Es gibt jetzt keine Notbremse mehr“, sagt die Berliner Fusionsbefürworterin Christine Buchholz, die im WASG-Bundesvorstand sitzt. Sanktionsszenarien habe der Parteivorstand bislang nicht einmal durchgespielt. Mit gutem Grund. Den Strategen in Linkspartei und WASG ist klar: Sie haben keine rechtliche Handhabe gegen den Berliner Alleingang.

In dem zuletzt unterzeichneten Kooperationsabkommen bekunden beide Parteien zwar „nachdrücklich ihre Absicht, auf keiner Ebene bei Wahlen konkurrierend anzutreten“. Allerdings sind Konkurrenzlisten damit nicht ausdrücklich verboten. Es sei nicht einmal möglich, den Berlinern für ihren Alleingang noch den Namen WASG streitig zu machen, urteilt Helge Meves, als Mitarbeiter in der Steuerungsgruppe beider Parteien für die Fusion ein Kenner der Rechtslage.

So bleibt den Fusionsbefürwortern nur die Option, keinen Cent für den WASG-Wahlkampf in Berlin herauszurücken. Und möglichst oft öffentlich zu wiederholen, dass jenseits der Hauptstadt die breite Mehrheit der Partei weiter hinter dem Fusionsprojekt mit der PDS stehe. Eine These, die eine zweite noch bundesweit laufende Urabstimmung bald bestätigen soll.

Die Fusionsgegner an der Spree sehen dem Ausgang dieses Basisvotums indes gelassen entgegen. Der Bundesvorstand habe bisher nicht einmal eine Satzung für solche Voten verabschiedet, sagt ein Berliner WASG-Sprecher: „Damit ist das Ergebnis ohnehin nicht belastbar.“

Ob ein WASG-gegen-PDS-Wahlkampf in Berlin die gemeinsame Linksfraktion im Bundestag gefährdet, ist nach wie vor umstritten. Klar ist jedoch, dass die Gegner des Linksprojekts jede Chance nutzen werden, den Parlamentariern der Linken auf allen Kanälen zumindest ordentlich Ärger zu machen.

Der FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen kündigte bereits an, die Liberalen wollten den Ältestenrat mit dem Fall befassen. Als Startschuss fehlt nur noch die Nachricht des Berliner Landeswahlleiters, dass die Hauptstadt-WASG ihre Kandidatur gegen die Linkspartei offiziell angemeldet hat.