Soja außer Kontrolle

Keine Kennzeichnung, keine Überwachung. In Rumänien landet Gensoja sogar im Essen – ohne einen Hinweis

In Rumänien sind inzwischen nach Schätzungen rund 90 Prozent aller angebauten Soja-Pflanzen gentechnisch verändert. Zwar sind offiziell nur die Hälfte der rund 140.000 Hektar umfassenden Felder als Anbaubereiche der herbizidfesten Roundup-Ready-Bohne der US-Konzerne Monsanto und Pioneer registriert. Doch die Bauernverbände sowie ein ehemaliger Monsantomanager für Rumänien gehen von einem viel höheren Anteil aus, da es den Bauern gestattet ist, ihre Saat aufzubewahren und untereinander zu tauschen. Niemand in Rumänien hat darüber eine Kontrolle.

Gentechnisch veränderte Sojabohnen sind seit 1999 in Rumänien erhältlich. Die bestehende Rechtsgrundlage für transgene Pflanzen ist bislang weit von den Vorgaben der Europäischen Union entfernt. Obendrein fehlt es den rumänischen Behörden an Inspektoren wie Laboren, um die wenigen bestehenden Vorschriften durchzusetzen.

Die rumänischen Bauern wurden von niemandem präzise über die Risiken von transgenen Samen informiert. In vielen Fällen gewinnt man den Eindruck, als wüssten die Landwirte gar nicht von der Genmanipulation ihrer Saat. Beigefügte Hinweise zur Notwendigkeit von Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der angebauten Sojabohnen fehlen. Auch über mögliche Umweltschäden und wirtschaftlichen Risiken haben die Konzerne nicht informiert.

Obwohl GVOs mittlerweile in großem Umfang in die Umwelt und Nahrungskette gelangt sind, erfährt die Öffentlichkeit nichts darüber. Die nationalen Kennzeichnungsbestimmungen, die sich lediglich auf transgene Soja beziehen, werden schlichtweg nicht umgesetzt. Und obwohl die rumänische Nahrungsmittelindustrie die Roundup-Ready-Soja inzwischen vielfach verwendet, liegt in den Ladenregalen kein einziges Produkt mit entsprechenden Hinweisen auf der Packung.

Mangels Kennzeichnung, Überwachung oder Rückverfolgbarkeit ist Rumänien nicht im Stande, den Anforderungen der EU zu genügen. So ist es gut möglich, dass rumänische Nahrungs- und Agrarexporte vollständig vom Handel innerhalb der EU ausgeschlossen bleiben.

Während die Verwendung der Roundup-Ready Sojabohnen in Nahrungs- und Futtermittelimporten in der EU gestattet ist, bleibt ihre Kultivierung in der Union verboten. Nun stellte Monsanto Ende 2005 erstmals einen Antrag an die Brüsseler Behörden, um ihre gentechnisch veränderten Sojabohnen künftig auch anpflanzen zu dürfen. In Brasilien, wo solche Bohnen trotz eines ursprünglich bestehenden Anbauverbots von Argentinien aus ins Land geschmuggelt wurden, musste die Regierung dem Druck des Konzerns bereits nachgeben, um so zumindest die Kontrolle über die Lage zurückzugewinnen. Es bleibt vorerst abzuwarten, ob auch die EU dieser Strategie Monsantos vor dem geplanten Beitritt Rumäniens 2007 nachgeben wird.

Der vorherigen rumänischen Regierung, die zwischen März 2002 und Dezember 2004 die EU-Beitrittverhandlungen führte, schien die Gentechnik-Frage nicht wichtig zu sein. Sie verzichtete auf Forderungen nach Einschränkungen oder Übergangszeiten für die Agrarwirtschaft und legte lediglich fest, das „GVOs angebaut werden können und die Sicherheitsstandards zu beachten seien“.

GABRIEL PAUN