Bericht: Zwei hohe UNO-Beamte korrupt

Die Volcker-Kommission legt in New York ihren dritten Bericht zu Korruption im Zusammenhang mit dem „Öl für Nahrungsmittel“-Programm für den Irak vor. Die Rolle von Generalsekretär Kofi Annan ist weiterhin unklar

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Der ehemalige Leiter des Irakprogramms „Öl für Nahrungsmittel“ (ÖfN) der UNO, Benno Sevan, sowie der frühere Einkaufschef der Weltorganisation, Alexander Jakowlew, haben sich der Korruption schuldig gemacht. Der am Montagabend in New York veröffentlichte dritte Bericht der von UNO-Generalsekretär Kofi Annan berufenen unabhängigen Untersuchungskommission unter Vorsitz des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker enthält die Beweise, die Sevans anhaltende Dementis eindeutig als Lügen entlarven. Jakowlew bekannte sich am Montag vor der New Yorker Staatsanwaltschaft schuldig. Zuvor hatte Annan auf Verlangen der Volcker-Kommission die Immunität der beiden ehemaligen ranghohen UNO-Beamten aufgehoben und damit ihre strafrechtliche Verfolgung ermöglicht.

Nach den Erkenntnissen der Kommission hat der 67-jährige Zyprer Sevan von dem ÖfN-Programm „in korrupter Weise profitiert“. Sevan habe über 147.000 US-Dollar dafür erhalten, dass er für die in Panama registrierte Firma African Middle East Petroleum wiederholt von der Regierung des irakischen Exdiktators Saddam Hussein Öl zu Preisen weit unter Weltmarktniveau angefordert habe. Die Firma wurde von Fachri Abdelnur geleitet, einem Cousin des früheren UNO-Generalsekretärs Boutros Boutros-Ghali. Ein weiterer Verwandter Boutros-Ghalis fungierte als Mittelsmann. Ob der ehemalige Generalsekretär selbst in den Skandal verwickelt war, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

Dem Russen Jakowlew wird von der Kommission und der New Yorker Staatsanwaltschaft nicht nur Korruption, sondern auch Verschwörung, Geldwäsche und Betrug vorgeworfen. Jakowlew kassierte über 950.000 US-Dollar Schmiergelder von Firmen, denen er Aufträge der UNO zuschanzte. Jakowlew war im Juni bei der UNO ausgeschieden, nachdem Vorwürfe laut wurden, er habe einer Firma einen Auftrag erteilt, die seinen Sohn beschäftigt hat.

Ähnliche Vorwürfe gegen Generalsekretär Annan sind auch mit dem dritten Bericht der Volcker-Kommission noch nicht abschließend geklärt. Volcker betonte, die Kommission untersuche weiterhin, ob Annan in irgendeiner Weise in die Auftragsvergabe an die Schweizer Firma Cotecna involviert war. Dort war sein Sohn Kojo zwischen 1996 und 2000 zunächst als Praktikant, dann mit fester Anstellung und schließlich als Berater tätig. Bis Februar 2004 bezog er Geld von dieser Firma.

Die Cotecna hatte im Dezember 1998 einen lukrativen Auftrag zur Inspektion der humanitären Hilfslieferungen erhalten, die im Rahmen des ÖfN-Programms in den Irak gingen. Annan bestreitet, eine Rolle bei der Auftragsvergabe gespielt zu haben. Eine kürzlich aufgetauchte E-Mail eines Ex-Cotecna-Mitarbeiters hat allerdings zu neuen Zweifeln an dieser Version geführt.

Im ihrem für September angekündigten Abschlussbericht will die Volcker-Kommission die Verantwortung der 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates für Missmanagement und die illegale Abzweigung von Geldern aus dem ÖfN-Programm in den Jahren 1996–2003 untersuchen. Trotz zahlreicher Hinweise von UNO-MitarbeiterInnen auf illegale Praktiken beim Verkauf und der Vergabe von irakischem Öl sowie beim Einkauf und bei der Lieferung humanitärer Güter hatte der Sicherheitsrat nicht eine einzige Transaktion beanstandet oder gestoppt. Zudem geschah der umfangreiche Schmuggel irakischen Öls nach Jordanien und in die Türkei jahrelang unter den Augen und mit Billigung der beiden ständigen Ratsmitglieder USA und Großbritannien.