Notbremse gegen LBK-Verkauf

Klage gegen LBK-Privatisierung beim Hamburgischen Verfassungsgericht eingereicht. SPD warnt vor schlechter Krankenversorgung, GAL vermutet Begünstigung beim Verkauf

Nun wird im Namen des Volkes über den Volksentscheid entschieden. Am gestrigen Montag reichte die Volksinitiative „Gesundheit ist keine Ware“, vertreten durch den Landesbezirk der Gewerkschaft ver.di, Klage gegen den bevorstehenden Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) vor dem Hamburger Verfassungsgericht ein. Die Klageschrift, die von dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Jürgen Kühling verfasst wurde, soll einen Verkaufs-Beschluss der Bürgerschaft verhindern, der für November geplant ist.

Kühling argumentiert in der Klageschrift, dass der Volksentscheid, in dem sich knapp 600.000 HamburgerInnen gegen einen LBK-Verkauf ausgesprochen haben, vom Senat und von der Bürgerschaft nicht mithilfe juristischer Winkelzüge ignoriert werden dürfe. Schließlich hätten die HanseatInnen nicht eine bloße, unverbindliche Empfehlung ausgesprochen, sondern einen „Entscheid“ durchgeführt, der für alle politischen Organe in seiner Substanz verbindlich sei. Ver.di-Chef Wolfgang Rose: „Ein Volksentscheid gehört nicht in den Papierkorb.“

Kühling, der mit einem Gerichtbeschluss in rund einem halben Jahr rechnet, hofft, dass die Bürgerschaft „ihren Terminplan nicht durchzieht, sondern dem Gericht Zeit für eine Entscheidung lässt“. Da allerdings kaum Zweifel bestehen, dass der LBK-Verkauf am 11. November im Hamburger Landesparlament behandelt und zwei Wochen später beschieden werden soll, haben die Privatisierungsgegner bereits einen Eilantrag vorbereitet, mit dem sie eine Befassung des Themas durch die Bürgerschaft blockieren wollen. Dass Verfassungsgericht hätte dann nur summarisch zu prüfen, ob die Haupt-Klage Aussicht auf Erfolg hat und ob durch den Verkaufs-Vollzug oder seine Aussetzung ein größerer, irreparabler Schaden entstände.

Der politische Streit um den LBK-Verkauf geht währenddessen unvermindert weiter. Der Landesvorstand der Ärztevertretung Marburger Bund sprach sich gegen den Verkauf der sieben LBK-Kliniken aus und „rügte“ den Hamburger Ärztekammerpräsidenten Michael Reusch für eine öffentliche Positiv-Bewertung der Privatisierung. Hamburgs SPD-Chef Mathias Petersen warnte davor, dass die Patienten in einem privat geführten LBK „schlechter versorgt und behandelt werden“.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der GAL, Jens Kerstan, nahm unterdessen einen gestern erschienenen taz-Bericht zum Anlass, eine Kleine Anfrage an den Senat über die Behandlung anderer Kaufinteressenten zu stellen. Manager der privaten Klinikketten „Rhön“ und „Helios“ hatten beklagt, ihre Angebote seien nicht ernsthaft geprüft worden. Kerstan vermutet nun, dass beim Verkauf „getäuscht, getrickst, begünstigt und gemauschelt“ wurde. Marco Carini