Wenn Künstler vom Forschen leben

Die Galerie der Gegenwart versucht in ihrer Ausstellung „Feldforschung“ Wissenschaft und Kunst zu vereinen

Wenn sich Künstler und Wissenschaftler treffen und vereinen, ergeben sich komplexe künstlerische Konzeptionen, wie sie die Galerie der Gegenwart in der kleinen Ausstellung „Feldforschung“ zeigt. Ein exklusiver Ausschnitt der Welt wird hochaufmerksam beobachtet und dokumentiert. Die verschiedenen Felder – Soziologie des Öffentlichen, Gesellschaft, Landschaft, Medien, Biographie – werden mit künstlerischen Mitteln „umgegraben“. Frei von objektiv nützlichen Kriterien gewinnt gerade dieser Blick neue Erkenntnisse und ringt der Alltagswelt nicht selten ein Schmunzeln ab.

Die amerikanische Künstlerin Sophie Calle richtete für ihr „Gotham Handbook“ 1994 eine öffentliche Telefonzelle mit Blumenstrauß, Aschenbecher, Cola und Chips wohnlich ein, hörte die Telefonate ab und verschenkte (im Auftrag von Paul Auster) ihr Lächeln: „30 mal gelächelt, 23 mal ein Lächeln empfangen, 4 Sandwiches angeboten, eins abgelehnt, 42 Minuten Konversation.“ Die Aktion demonstriert, was passiert, wenn der private in den öffentlichen Raum dringt: Die einen stehen Schlange vor Calles Zelle, die anderen halten sie für Vandalismus oder einen Schrein.

In den Untertageräumen der Kunsthalle erstarren die eigentlich beweglichen Forschungsfelder – zwei Neurwerbungen von Nikolaus Lang, hypothetische Gender Studies von Annette Messager, die experimentelle Biographie von Christian Boltanskis – jedoch zur steifen Präsentation. Nur die Galerie für Landschaftskunst wird im monatlichen Wechsel demonstrativ eine ihrer Arbeiten von den weißen Museumswänden nehmen und – von einem befreundeten Forscher kommentiert – in den Mittelpunkt stellen.

Türme mit buntem Original-Blechspielzeug aus den Vierziger und Fünfziger Jahren, prätentiös zu Hans-Peter Feldmanns fotographischem Oeuvre gesellt, beleuchten die Existenz hinter der Kunst: Wovon lebt der Künstler? Antwort: Der „Archivar des Normalen“, wie Feldmann etikettiert wird, finanziert sich hauptsächlich durch den Handel mit eben jenem Blechspielzeug.

“Kann man davon leben?“ fragt auch der Hamburger Peter Piller in seinem Raum, einer lustvollen Zusammenstellung aus verschiedenen Fotoserien. Beide, Feldmann und Piller, durchsuchen die Medien nach „seriellen Spuren des Trivialen“ (Feldmann) und „Kunstbildern, die gar nicht als Kunst gedacht sind“ (Piller). Diese Spurensicherung als lebendigen, unabgeschlossenen Prozess darzustellen, tut sich „Feldforschung“ schwer.Christian T. Schön

bis 25. Januar, Galerie der Gegenwart, Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Do bis 21 Uhr