Ror Wolf: Dichter unter Beobachtung

Mit der RAF hatte der Dichter Ror Wolf nichts am Hut. Bis er eines Tages erfuhr, dass Baader, Meinhof und Co in seiner früheren Wohnung gastierten.

Hinter jedem Baum ein Staatsschützer? Der Dichter Ror Wolf. Bild: Jürgen Bauer

Dieser Flug sollte kurzweilig werden: Auf der Rückreise von London nach Frankfurt blätterte der Dichter Ror Wolf 1972 in der druckfrischen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Der Spiegels. Zwischen Allerlei aus dem Weltgeschehen konnte Wolf erfahren, dass die RAF zwei Jahre zuvor an seine Wohnungstür klopfte, nach ihm fragte und auch prompt für drei Monate konspirativen Unterschlupf fand. Zimperlich gingen Baader, Ensslin, Proll und die anderen mit dem Inventar nicht gerade um, sie frühstückten auf Langspielplatten und Buchumschläge wurden zum Ärger des Besitzers als Notizzettel missbraucht.

Nur: Was hatte Wolf mit alledem zu tun? Schließlich war die Wohnung längst nicht mehr seine, er hatte sie Michael Schulte, einem flüchtigen Bekannten, überlassen. Schulte war es, der die Terroristen nach einem Überzeugungsgespräch mit Ulrike Meinhoff aufnahm. Sie konnte ja froh sein, nicht Wolf getroffen zu haben, sondern den verständnissvollen Nachmieter.

"Schöne Geschichte" dachte der Dichter, womit für ihn der Fall abgeschlossen war. Was hatte er, der Ideologien kritisch gegenüberstand, schon mit der RAF zu tun? "Ich habe keinerlei Sympathie für Terrorismus," bekundet er.

Aus Frankfurt hatte er sich zurückgezogen, enttäuscht über die Entwicklung der kulturellen Szene, die sich weg vom Diskurs, hin zur Agitation bewegte. Da standen Achtzehnjährige auf Podien und hielten Reden, die Wolf für saudumm hielt. Auch wenn die RAF bei seinem Nachmieter unterkamen und die Wohnung wie der Spiegel berichtete verwüsteten, sein Problem war es nicht. Dachte er, doch er täuschte sich. Die Frankfurter Wohnungsfarce sollte für Wolf und seine Frau noch lange Zeit beschäftigen - die Konsequenzen reichten bis ans Ende der achtziger Jahre. Erst wurde der DDR-Flüchtling Wolf in der Schweiz, wo er mit seiner Frau eine zeitlang lebte, von den Behörden zu seiner Haltung zum Kommunismus befragt. Dann bekam er ungebetenen Besuch von pflegelhaften Zivilfahndern, die in des anständigen Bürgers Haus ihre Stiefel auf den Tisch legten. Noch 1988 knackte es beim Wolfs in der Leitung, durch eine Fehlschaltung wurde er mit dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden verbunden -wahrscheinlich eine Abhöraktion, die schief gelaufen war.

Dass Ror Wolf Andreas Baader an einem Abend in Berlin tatsächlich kennenlernte gehört zur bizarren Wendung dieser Geschichte.

Die komplette Geschichte über Ror Wolf und wie er ins Visier der Staatsschützer gelangte erscheint am Samstag im Magazin der Tageszeitung. Am Kiosk.

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