Nachruf Karl-Heinz Wildmoser: Arg zünftig

Karl-Heinz Wildmoser, langjähriger Präsident des TSV 1860 München, ist tot. Für die einen ist er der Retter, für andere der Totengräber des Klubs.

Karl-Heinz Wildmoser mit seiner Ehefrau Therese im Februar 2010. Bild: imago

BERLIN taz | Es war der 28. August 2001. Mehr als 50.000 Zuschauer waren in das Münchner Olympiastadion gekommen. 1860 München spielte gegen Leeds United um die Qualifikation für die Champions League. Auf der Ehrentribüne saß der Präsident des Vereins und weinte. Es war einer der größten Tage in der Amtszeit von Karl-Heinz Wildmoser an der Spitze des Münchner Klubs.

Seine Löwen verloren. Leeds zog in die Champions League ein. Die 60er durften noch ein paar Ehrenrunden im Uefa-Cup drehen. Die Fans feierten dennoch. Sie feierten auch ihren Präsidenten. Ein paar Jahre später wurde er von vielen regelrecht gehasst. Längst steht er nicht mehr an der Spitze des Vereins. Aus dem öffentlichen Leben hat er sich zurückgezogen. In der Nacht zum Mittwoch ist Karl-Heinz Wildmoser im Alter von 71 Jahren gestorben.

In der Bayernliga, damals die dritthöchste Spielklasse, dümpelte die erste Mannschaft des TSV 1860 herum, als der Großgastronom und Immobiliengeschäftemacher 1992 das Präsidentenamt übernahm. Zwei Jahre später war der Klub wieder da, wo er nach Meinung seiner Fans hingehört, in der Ersten Liga.

Der Klub, der zuvor immer wieder an der Pleite entlanggeschrammt war, schien plötzlich zu funktionieren. Und der Star des Klubs war der Präsident. Er schieb fleißig Autogramme auf die Karten, die ihn, den wuchtigen Pfundskerl, in einer arg zünftigen Fantasietracht zeigten. Die Fans konnten sich Stofflöwen im 60er-Trikot kaufen, die im Fanshop als "Heinzi" verkauft wurden. Und die Entenbraterei, die Wildmoser auf dem Oktoberfest betrieben hat, war selten so gut besucht wie in jener Zeit, als er der unumschränkte Herrscher des blauen Giesinger Universums war.

Kein Jahr war vergangen nach dem großen Europapokalspiel gegen Leeds, da begann Wildmosers Popularität zu schwinden. 2001 schloss er mit dem FC Bayern einen Vertrag über den Bau eines gemeinsamen Fußballstadions. Ein Teil der Fans protestierte wütend. Rot und Blau, das ging für sie nicht zusammen. Heute weiß man, 1860 hat sich mit dem Stadionbau übernommen.

Und dann kam das Jahr 2004. Die Polizei sperrte Wildmoser für drei Nächte ein. Wegen Untreue und Bestechung im Zusammenhang mit dem Stadionbau wurde gegen ihn ermittelt. Nachgewiesen wurde ihm nichts. Sein Sohn Karl-Heinz jr., den er an die Spitze der Stadiongesellschaft gesetzt hatte, wurde zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Wieder in Freiheit, kämpfte Papa Wildmoser um seine Reputation, klagte über Vorverurteilung und schilderte tränenreich die drei schrecklichen Nächte in Untersuchungshaft. Doch als Klubpräsident war er nicht mehr tragbar. Am 15. März 2004 trat er zurück. Er übergab den Verein in keinem guten Zustand.

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