Meeressäuger in Not: Im Netz verendet

Die Schweinswal-Population in der Ostsee ist trotz aller Schutzbestimmungen geschrumpft. Umweltverbände fordern effektiveren Schutz vor Beifang und Windkraft.

Bedrohung für den Schweinswal: der Tod im Fischernetz als Beifang. Bild: dpa

HAMBURG taz | Dem Schweinswal in der Ostsee geht es schlecht. Viele der Meeressäuger verheddern sich in Fischernetzen, in denen sie ertrinken. Andere werden taub und orientierungslos, weil sie der Ramm-Schall trifft, der beim Bau einer Windkraftanlage entsteht.

Vertreter von Umweltverbänden verlangen daher, die Tiere müssten besser geschützt werden. Schutzgebiete dürften nicht nur auf dem Papier stehen, die Offshore-Windkraft dürfe nicht gegen die Meeressäuger ausgespielt werden.

Der Schweinswal, auch "Kleiner Tümmler" genannt, ist der einzige Wal, der in der Ostsee heimisch ist. Die Anzahl dieser Tiere ist in den vergangenen Jahren stark zurück gegangen.

Wie die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM) unter Berufungen auf amtliche Zählungen mitteilte, ist der Bestand in der westlichen Ostsee zwischen 1994 und 2005 von knapp 28.000 auf 11.000 Tiere gesunken. Viel dramatischer noch ist die Lage in der zentralen Ostsee östlich Rügens, wo sich nur noch einige hundert Tiere tummeln.

Als eine der wichtigsten Ursachen für das Schwinden der Population gilt die Fischerei. Jeder zweite Wal, der tot an der deutschen Ostseeküste gefunden wurde, sei in einem Fischernetz ertrunken, behauptet die GSM. Das belege die Forschung für das Internationale Kleinwal-Schutzabkommen (Ascobans). Auch das Bundesamt für Naturschutz (BFN) hält den Beifang für existenzgefährdend.

Dem Schweinswal kommen vielerlei menschliche Aktivitäten ins Gehege:

Windkraft auf See (Offshore): Der Rammschall beim Bau der Windrad-Fundamente kann das Wal-Gehör irreversibel schädigen. Ähnliches gilt für Sprengungen von Weltkriegsmunition.

Verkehr: Der Lärm von Motorbooten und Jetskis kann den Walen schaden. Wegen des vielen Autoverkehrs meiden die Wale tagsüber die Brücke über den Großen Belt.

Fischerei: Die Tiere landen ungewollt als "Beifang" im Netz.

Als Ascobans-Mitgliedsland habe sich Deutschland verpflichtet, ein Aussterben der Wale zu verhindern, erinnert die GSM. "Dennoch existieren die zu schaffenden Schutzgebiete Deutschlands in Nord- und Ostsee nur auf dem Papier - ohne Relevanz für den Schutz der bedrohten Meeressäugetiere", kritisieren die Naturschützer.

BFN-Sprecher Franz August Emde weist darauf hin, dass Deutschland mehr als jedes andere Land Meeresschutzgebiete nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie ausgewiesen habe. "Das bedeutet schon einen Schutz", sagt er.

FFH-Gebiete zu identifizieren und auszuweisen, sei nur ein erster Schritt, sagt sein Kollege Thomas Merck. Für den eigentlichen Schutz würden in einem zweiten Schritt Managementpläne erarbeitet. Darin könnten beifangträchtige Arten der Fischerei reglementiert oder Lärmgrenzwerte festgelegt werden. Die Arbeit daran sei im Gange.

Der Naturschutzbund (Nabu) warnte davor, bei der Diskussion über eine Energiewende den Naturschutz über Bord zu werfen. "In dieser Diskussion fordern einige Stimmen einen Freifahrtschein für die Offshore-Windkraft, um bestehende Umweltauflagen auszuhebeln und den Naturschutz in die Ecke ewig gestriger Blockierer zu stellen", kritisierte Kim Detloff vom Nabu.

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