Krach bei Anbieter von ChatGPT: OpenAI wirft Sam Altman raus

Eine Galionsfigur der KI-Branche verliert seinen Job. In dem Start-up soll es zwischen dem gewinnorientierten und dem Non-Profit-Flügel zum Streit gekommen sein.

Profil von Sam Altman vor blauem Hintergrund

Da wusste er noch nichts von seinem Rausschmiss. Aber ahnte er schon etwas: Sam Altman beim APEC-Gipfel am Donnerstag Foto: Eric Risberg/dpa

SAN FRANCISCO dpa | Richtungsstreit beim wichtigsten Start-up der Welt: Die Entwicklerfirma hinter dem populären Chatbot ChatGPT bekommt überraschend einen neuen Chef. Mitgründer und Firmenlenker Sam Altman verließ sein Unternehmen OpenAI, weil der Verwaltungsrat ihm das Vertrauen entzog. Altman war das Gesicht von OpenAI – und im weiteren Sinne auch des Booms bei Künstlicher Intelligenz.

Die Mitteilung von OpenAI am Freitag war ungewöhnlich scharf formuliert: Altman sei nicht aufrichtig in seiner Kommunikation mit dem Aufsichtsgremium gewesen. „Der Verwaltungsrat hat kein Vertrauen mehr in seine Fähigkeit, OpenAI weiterhin zu führen.“ Nähere Details gab es nicht. In der Tech-Industrie in San Francisco und dem Silicon Valley setzte ein Rätselraten ein, was vorgefallen sein könnte.

Die renommierte Technologie-Journalistin Kara Swisher schrieb, Auslöser seien Differenzen zwischen zwei Lagern von OpenAI gewesen – und zwar zwischen dem gewinnorientierten und dem Non-Profit-Flügel. OpenAI war 2015 von Altman und unter anderem auch Tesla-Chef Elon Musk ursprünglich als ein nicht auf Gewinn ausgerichtetes Start-up gegründet worden, das KI erforschen sollte. Mit der Zeit – und einer Milliarden-Investition von Microsoft – wurde OpenAI jedoch immer mehr zu einem profitorientierten Unternehmen. Unter anderem Musk kritisierte das immer wieder.

Schon die offizielle Mitteilung enthielt zwischen den Zeilen einen Hinweis auf solche Spannungen. Darin wurde betont, dass OpenAI für eine Mission aufgebaut worden sei: „um sicherzustellen, dass allgemeine Künstliche Intelligenz der gesamten Menschheit zugutekommt“. Diesem Ziel sei man weiter verpflichtet.

Swisher zufolge war ein Auslöser für Altmans Rauswurf die Entwicklerkonferenz von OpenAI, bei der die Möglichkeit vorgestellt wurde, spezialisierte Versionen von ChatGPT zu entwickeln und damit Geld zu verdienen. Der Non-Profit-Fraktion von OpenAI sei das alles zu schnell gegangen, schrieb Swisher bei der Online-Plattform X. Einige Vertraute Altmans bei dem Unternehmen sprächen von einem „Umsturz“. Swishers Quellen zufolge erfuhr Altman vom Beschluss des Verwaltungsrates nur 30 Minuten vor Veröffentlichung der Mitteilung.

Wenige Stunden nachdem Altman herausgedrängt wurde, nahm ein weiterer Mitgründer, Greg Brockman, ebenfalls seinen Hut. Er verwies auf „die heutigen Nachrichten“. Brockman war bis Freitag Vorsitzender des Verwaltungsrates und sollte laut Mitteilung zwar diesen Posten aufgeben, aber bei dem Unternehmen bleiben.

Microsoft hält an Kooperation mit OpenAI fest

Ein Initiator der Vorgehens gegen Altman war nach Informationen von Swisher und des ebenfalls gut vernetzten Branchendienstes The Information Chefwissenschaftler Ilya Sutskever – ein weiterer Mitgründer von OpenAI. Dem Finanzdienst Bloomberg zufolge gab es Meinungsverschiedenheiten darüber, wie schnell die KI-Software entwickelt werden sollte, wie man sie vermarktet und wie man Risiken minimiert. Auch hätten Versuche Altmans, Geld von Investoren für die Entwicklung eines eigenen KI-Chips zu sammeln, für Streit gesorgt.

Technologiechefin Mira Murati werde vorläufig den Chefposten übernehmen, während die dauerhafte Nachfolge geregelt werden solle, teilte OpenAI weiter mit. Altman stand bis zuletzt im Rampenlicht: Noch am Donnerstag sprach er auf dem Gipfel der Apec-Ländergruppe in San Francisco.

Der Chatbot ChatGPT kann Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren. Seine Veröffentlichung vor rund einem Jahr löste einen KI-Hype aus. OpenAI wurde damit zu einem Vorreiter bei der Technologie. Microsoft ging einen milliardenschweren Pakt mit der Firma ein, um deren Technologie in Produkte des Konzerns zu bringen. Andere Tech-Schwergewichte wie Google, Amazon und der Facebook-Konzern Meta stellten Konkurrenz-Software vor.

Microsoft betonte, dass man an der Zusammenarbeit mit OpenAI festhalte. Zugleich stellte der Software-Riese unmissverständlich fest, dass die KI-Firma nicht einfach aus der Kooperation aussteigen könne: „Wir haben eine langfristige Vereinbarung mit OpenAI und haben Zugang zu allem Nötigen, um unsere Innovations-Agenda umzusetzen“.

Für OpenAI ist die Vorreiter-Rolle lukrativ: Medienberichten zufolge wurde bei einem Verkauf von Mitarbeiter-Aktien von einer Gesamtbewertung von 86 Milliarden Dollar ausgegangen. Damit stieg OpenAI in die Riege der wertvollsten nicht an der Börse notierten Unternehmen auf – neben dem Videodienst TikTok und Musks Raumfahrt-Firma SpaceX.

Während über die Gründe für Altmans Rauswurf gerätselt wurde, schrieb er in einer kurzen Stellungnahme bei X lediglich, dass er später über seine Pläne für die Zukunft informieren werde.

Glühenden Zuspruch bekam Altman vom ehemaligen Google-Chef Eric Schmidt. Altman sei für ihn ein Held, der die Welt für immer verändert habe, schrieb Schmidt bei X. Er könne nicht abwarten zu sehen, was Altman als nun mache – und Milliarden Menschen würden davon profitieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.