Bauen und Wohnen: In windigen Höhen

Architekt Frank Gehry baut Hochhaus am Alex: 150 Meter, 39 Stockwerke, 300 Luxuswohnungen. Es soll das höchste Wohnhaus Berlins werden. Kosten: 250 Millionen.

Da will ich mal einziehen: Neues Hochhaus am Alex (Modell) Bild: dpa

Es soll Menschen geben, die sich in 150 Meter Höhe und bei zugiger Luft auf den Balkon ihrer Wohnung setzen und dies noch als kuschelig empfinden. Meinen Sie nicht? Dieser Ansicht jedenfalls ist der amerikanische Stararchitekt Frank Gehry. Gehry und Partners (Santa Monica, Kalifornien) haben jetzt mit ihrem Entwurf den Architekturwettbewerb für das erste „Wohn- und Hotelhochhaus am Alexanderplatz“ gewonnen. Es soll der höchste Wohnturm Berlins werden, 39 Stockwerke hoch – und nach allen Seiten mit weiten Balkonen vor dem Wohnzimmer ausgestattet sein. Bauherr ist der US-Investor Hines Immobilien. Ab 2015 soll der Tower mit 300 Eigentumswohnungen hochgezogen werden, zweieinhalb Jahre später fertig sein.

Der Gehry-Entwurf für das Wohnhochhaus direkt neben der „Saturn“-Filiale sieht auf den ersten Blick wie drei aufeinandergestapelte und in sich verdrehte Bauklötze aus. Das hat das Preisgericht nicht davon abgehalten, die gleichfalls interessanten Hochhaus-Pläne der Büros Kleihues + Kleihues sowie Barkow Leibinger (beide Berlin) auf die Plätze zu verweisen. Der „markant gestaltete Turm mit dem Grundriss eines Kleeblatts“ habe die Jury wegen seiner „expressiven, großen Ausdrucksstärke sowie bewegten Formensprache“ überzeugt, sagte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher am Montag bei der Vorstellung des Entwurfs.

Der Bau könne ein neues „Wahrzeichen am Alexanderplatz“ und Motor für die neue Stadtentwicklung vor Ort werden, so Lüscher. Der Entwurf füge sich zudem „gut in seine Umgebung ein und vermittelt am besten den Aspekt des großstädtischen Wohnens“. Ihrer Auskunft nach sind dort derzeit mehrere Hochhausprojekte in Vorbereitung; an erster Stelle ein Gebäude neben dem „Alexa“-Kaufhaus. Der derzeitige Berlin-Boom befeuere die Interessen privater Projektgesellschaften, den „Alexanderplatz als Wohnort in Berlin“ zu entwickeln. “

Sozialer Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten entsteht allerdings nicht: Insgesamt sollen in den 39 Stockwerken des Gehry-Towers 300 Eigentumswohnungen und vom Erdgeschoss bis zum 9. Stockwerk ein Hotel mit 150 Zimmern Platz finden.

Das Investitionsvolumen für das 48.000 Quadratmeter umfassende Hochhaus liegt laut Christoph Reschke, Geschäftsführer der Hines Immobilien GmbH in Deutschland, bei 200 bis 250 Millionen Euro. Wie teuer die Eigentumswohnungen einmal sein werden, wollte Reschke nicht verraten. „Im Low-Budget-Bereich liegen sie aber eher nicht“, betonte er. Unter dem Tower sind Tiefgaragen geplant. Die Bunkeranlagen stellten – wie früher einmal befürchtet – kein Bauhindernis dar, so der Hines-Sprecher.

Zum Hindernis könnte eher werden, dass kein gültiger Bebauungsplan (B-Plan) für das Hines-Projekt existiert. Nach dem Masterplan des Architekten Hans Kollhoff aus den 1990er Jahren sollten auf dem Alexanderplatz einmal über zehn und rund 150 Meter hohe Hochhäuser entstehen. Der Senat revidierte zwischenzeitlich Teile der Kollhoff-Planungen, auch weil neue Gebäude entstanden sind und mehr Bestand aus DDR-Zeiten erhalten werden soll.

Laut Lüscher müssen nun sowohl der Masterplan als auch der B-Plan für das Gehry-Wohnhochhaus so „geändert werden“, dass die bestehenden Gebäude (hier Saturn) in die neue Bebauungsplanung einbezogen werden können. Dem künftigen B-Plan müsse allerdings est noch das Abgeordnetenhaus zustimmen, betonte Lüscher. Sie gehe aber davon aus, dass dieser „konsensfähig ist“, die Änderungen also möglich seien und Hines bauen dürfe.

Antje Kapek, grüne Fraktionschefin, will das so nicht durchgehen lassen: Es sei „unerhört“, was hier passiere. Der Senat wolle den Bebauungsplan „ohne Not und ohne die nötige Debatte über die Zukunft des Alexanderplatzes ändern“, sagte sie der taz. Hines könne ein weithin sichtbares Hochhaus bauen, müsse aber keine Kompensation dafür leisten. „Weder hat der Senat ein Konzept zur Verbesserung der Verkehrssituation und des Straßengrüns noch zur sozialen Infrastruktur vorgelegt. Der Investor darf hier bauen, die Stadt bekommt im Gegenzug nichts.“ Kapek forderte, die Planungen am Alexanderplatz noch einmal grundsätzlich zu überdenken.

Bei dem zweistufigen Bauwettbewerb hatten insgesamt neun Architekturbüros teilgenommen. Darunter waren so bekannte Namen wie David Chipperfield (London), Christoph Ingenhoven Architects (Düsseldorf), Hans Kollhoff (Berlin) und die bereits genannten Architekten Kleihues und Gehry. Hines Immobilien hat in Berlin unter anderem das Geschäftshaus „Die Mitte“ am Alexanderplatz gebaut. Der Bau-Dekonstruktivist Frank Gehry plante die DZ-Bank am Pariser Platz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.