Erst 2009 Klarheit über Finanzmarktkrise

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) geht davon aus, dass sich die Finanzkrise verschärfen wird. Bei dem Treffen mit seinen EU-Kollegen wurde auch die hohe Inflation beklagt. Vermeintliche Lösung dafür: weniger Lohnsteigerungen

BERLIN taz ■ Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten sind nach Ansicht von Bundesregierung und Bundesbank noch lange nicht ausgestanden. Den Banken stehe das Schlimmste sogar noch bevor, weil sie „Verluste nicht wie im letzten Jahr gegen ein sehr gutes erstes Halbjahr buchen können“, sagte Bundesbankpräsident Axel Weber am Samstag am Rande des Treffens der EU-Finanzminister und Vertretern der Notenbanken im slowenischen Brdo. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte: „Es ist nicht absehbar, wann das Tal durchschritten ist.“ Das wahre Ausmaß der Immobilienkrise könne erst 2009 abgeschätzt werden, so Steinbrück.

Im nächsten Jahr dürfte das von den EU-Finanzministern beschlossene Krisenmanagement bereits greifen. Danach werden den großen Finanzkonzernen Stabilitätsgruppen mit Vertretern nationaler Aufsichtsbehörden an die Seite gestellt, die potenzielle Risiken beobachten sollen. In Deutschland dürften die Deutsche Bank, die HypoVereinsbank und die Versicherungskonzerne Allianz und Münchener Rück solche Kontrollgruppen bekommen.

Ziel sei es aber nicht, einzelne Bankenpleiten zu verhindern, hieß es in einer Erklärung der Minister. Vielmehr solle die Stabilität des Finanzsystems als ganzes gewährleistet werden. Krisen einzelner Konzerne dürften nicht auf die gesamte Branche übergreifen.

Auch die hohen Preissteigerungen im Euroraum waren Thema bei dem Spitzentreffen. Besonders Notenbänker zeigten sich wegen der Inflation besorgt, die im März auf 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stieg. Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), warnte vor Lohnabschlüssen wie zuletzt in Deutschland von 5 Prozent im öffentlichen Dienst. Kräftige Lohnsteigerungen könnten die Inflation weiter antreiben, sagte Trichet.

Steinbrück verteidigte hingegen das Lohnplus im öffentlichen Dienst. Nach den Nullrunden der letzten Jahre sei dies ein gerechtfertigter Nachholbedarf. Deutlicher wurde John Monks, Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes: „Wir können die Predigten von europäischen Zentralbanken und Finanzministern, dass die Arbeitnehmer bescheiden sein sollen, nicht mehr hören.“ Stattdessen sollten Politiker für Stabilität auf den Finanzmärkten sorgen, forderte der Gewerkschafter. Die rund 30.000 Demonstranten im nahen Ljubljana wussten auch, wie das geht: „Wir wollen ein Ende der Spekulationen und der leichtsinnigen Gier auf den Finanzmärkten“, skandierten sie in der slowenischen Hauptstadt. MAIKE BRZOSKA