Valérien Ismaël, 96-Verteidiger
: Grandseigneur im Pech

Valérien Ismaël hatte sich Sekunden zuvor bei einer Allerweltsabwehraktion das Knie verdreht und lag mit scherzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen der hannoverschen AWD-Arena. Damit wurde es endgültig ein finsterer Samstagnachmittag für den Franzosen, der zuvor durch ein Handspiel einen Elfmeter und damit den Anschlusstreffer von Hertha BSC Berlin verursachte in einem Spiel, das am Ende 2 : 2 ausging – nachdem Hannover zur Halbzeit noch 2 : 0 geführt hatte.

Allein der leere Blick von Hannovers Trainer Dieter Hecking, während sein Abwehrchef mit einer Kapselverletzung vom Platz humpelte, gestützt von Sanitätern, verriet viel über den Stellenwert, den Ismaël bei 96 genießt. Kaum ein Spieler ist so schwer zu ersetzen wie der routinierte Franzose, der erst in der Winterpause aus München geholt wurde. Es ist aber auch ein skeptischer Blick gewesen, der Trainer kennt Ismaëls Krankengeschichte. Sie ist schließlich der Grund, warum ein Spieler seines Formats überhaupt bei 96 spielt.

Im August 2006 schien seine Karriere beendet. Er hatte sich im Training bei den Bayern Schien- und Wadenbein gebrochen und musste monatelang pausieren. Danach schaffte er es nicht mehr zurück in die Allianz-Arena.

Der Körper streikte, die Seele machte zu – Ismaël dachte ans Aufhören. Hannover war so etwas wie die letzte Chance. Hier meldete sich Ismaël noch einmal auf Bundesliga-Niveau zurück und sorgte in den letzten Wochen parallel zu seiner zunehmenden Fitness zunehmend für Ordnung in der Defensive. Er ist zwar nicht mehr so schnell wie noch 2004, als er mit Werder Bremen Meister wurde. Doch Ismaël gab den gut gereiften Grandseigneur: mit Übersicht und Stellungsspiel. Nicht zufällig feierte Hannover mit einem wieder erstarkten Ismaël zuletzt zwei Siege in Folge.

Trainer Dieter Hecking verfolgte die Leistungskurve seines Wintertransfers mit Genugtuung. Viele hatten die Verpflichtung Ismaëls kritisiert, doch der Trainer stand hinter dem Projekt Ismaël und in den letzten Wochen öfter mal mit einem Lächeln an der Seitenlinie. In der 81. Minute ist es ihm Samstag, deutlich sichtbar, erst einmal vergangen. Lucas Vogelsang

Fotohinweis:VALÉRIEN ISMAËL, 32, wurde in Straßburg geboren und kam über Bremen und München nach Hannover.  Foto: dpa