Der Aspekt Sicherheit

Werder schafft trotz etlicher Chancen in Karlsruhe nur ein 3 : 3. Das gibt den Verantwortlichen zu denken – ebenso wie eine Klage, die Stürmer Ivan Klasnić gegen zwei Vereinsärzte erhoben hat

VON TOBIAS SCHÄCHTER

Fußballprofis sind ziemlich findig, wenn es darum geht, sich den Fragen von Reportern zu entziehen. Mit dem Handy am Ohr an den Fragestellern vorbeizugehen, und mit freundlichem Blick so tun, als sei gerade jemand dran, ist die beliebteste Nummer. Auch grimmig gucken und laut fluchend in die Kabine zu stampfen, ist oft angesagt – zumindest nach Niederlagen.

Wenn aber wirklich alle stehen bleiben und bereitwillig Auskunft geben, dann muss schon etwas Besonderes passiert sein. Am Samstag in Karlsruhe war das so. Dieses atemberaubende 3 : 3 zwischen dem KSC und Werder Bremen wollte niemanden sprachlos zurücklassen und so musste der Busfahrer von Werder zu brachialen Mitteln greifen, um den von Journalisten umlagerten Nationalspieler Tim Borowski endlich in den Bus zu kriegen: Er schloss einfach die Türen. „Oh, ich muss jetzt weg“, sagte Borowski noch schnell und eilte zur Bustür, die dann prompt auch wieder aufging.

Eigentlich war dieses Unentschieden ja eine Niederlage für Werder, doch die Analyse fiel vielleicht deshalb so intensiv aus, weil alle noch berauscht waren von diesem Spiel. Die Vermarkter der Deutschen Fußball Liga wären gut beraten, diese 92 Minuten als Imagefilm in die weite Fußballwelt zu senden, um mitzuteilen: „Hallo: Die Bundesliga bietet auch Spektakel!“

Nun ist das bei Spielen von Werder ja nicht selten der Fall, und das Spiel in Baden hat den Norddeutschen wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wo die Achillesfersen ihres Spektakelfußballs liegen. Eine Stunde lang demonstrierte Werder einen Klassenunterschied, der größer war, als der zwischen einer Spitzenmannschaft und einem Aufsteiger aus der Tabellenmitte. Aber es stand erst 2 : 1 nach einem Chancenverhältnis von 11 : 3 für Werder. „Da drehst du durch“, meinte Tim Borowski nach dem Spiel verzweifelt.

Sebastian Freis’ überraschende KSC-Führung (16.) hatten Diego (21.) und Özil (30.) zwar in eine Werder-Führung verwandelt. Aber die war angesichts der klaren Chancen eben nicht deutlich genug, um dem Gegner „schon in der Halbzeit den Mut zu nehmen, noch einmal zurückkommen zu wollen“, wie Werder-Trainer Thomas Schaaf sagte.

Ein beherztes Solo von Freis schließlich setzte die Schwächen Werders ins Bild. Knapp vor dem eigenen Strafraum schnappte sich der schnelle Offensivrenner den Ball und raste seinem zweiten Treffer entgegen. Ohne Gegenwehr schenkten die Bremer fast 80 Meter des Platzes einem einzigen Spieler des Gegners. Auf schnelle Konter hat Werder keine Antworten, weil die Mannschaft es nicht schafft, „sich gegenseitig abzusichern“, wie Abwehrmann Peer Mertesacker treffend analysierte. Es passte ins Bild, dass der bis zur 69. Minute dieses Spiels bemitleidenswerte KSC-Angreifer Edmond Kapllani seinen ersten Saisontreffer erzielte. Immerhin rettete Sanogo Werder in der 86. Minute wenigstens das Unentschieden.

Der Spielverlauf wurmte vor allem Werder-Manager Klaus Allofs, der sich wie der Berater von CDU-Innenminister Schäuble anhörte, als er sagte: „Wir müssen den Aspekt Sicherheit mehr in den Vordergrund stellen.“ Wenn am Ende den Bremern Punkte zur direkten Champions-League-Qualifikation fehlen sollten, wissen sie, dass sie selbst daran schuld sind. Immerhin diese Sicherheit gibt es.

Die Debatte um mehr ruhiges Blut auf dem Platz ist das Eine, das Andere ist die Klage von Ivan Klasnić gegen zwei Vereinsärzte von Werder. Der Angreifer, dem im März vergangenen Jahres eine Niere implantiert worden war, wirft den Ärzten „leichtfertige Falschbehandlung“ vor und klagt auf Schmerzensgeld. Die Ärzte sollen bei dem Spieler jahrelang auffallend schlechte Nierenwerte nicht erkannt haben. Sie wiesen die Vorwürfe zurück.

Bekannt wurde das am Wochenende und nun kann Werder kaum zur Tagesordnung übergehen. „Es werden die Leute angeklagt, die Scheiße gebaut haben. Sie werden dafür büßen“, sagte Klasnic vor Medienvertretern am Sonntag. Am Samstag noch meinte Werder-Manager Allofs: „Das ist keine Sache, die uns entzweit. Wir haben auch Interesse daran, dass das aufgeklärt wird und keine Dinge zurückbleiben.“