Funkhaus Europa statt Multikulti

Nach dem Aus für Radio Multikulti sendet ab Januar 2009 das in Köln ansässige Funkhaus Europa auch in Berlin und Brandenburg. Damit gibt es weiter fremdsprachiges Radio aus Deutschland, der lokale Bezug geht jedoch verloren

Die Mitarbeiter hatten es schon befürchtet, am Mittwoch verkündete es RBB-Intendantin Dagmar Reim dann offiziell: Radio Multikulti, der mehrsprachige Kanal für Berlin und Brandenburg, wird zum Jahresende eingestellt. Ab 1. Januar 2009 läuft auf der Frequenz 96,3 Funkhaus Europa. Das gehört zum WDR und kommt aus Köln.

Einst war Radio Multikulti das Vorbild für Funkhaus Europa, das mit dem Lifestyle-Magazin „Süpermercado“ zwischen 10 und 12 Uhr täglich ein von Multikulti produziertes Programm sendet. Bald wird sich die Zuarbeit nur noch auf die arabische, russische und polnische Redaktion von Multikulti belaufen – diese drei Sprachen werden vom Funkhaus Europa nicht bedient. Der Rest von Multikulti wird Ende des Jahres weggespart.

Die 28 fest angestellten Redakteure sollen in anderen Formaten des RBB unterkommen. „Wir werden versuchen, auch alle freien Mitarbeiter dort zu beschäftigen“, hieß es in einer Pressemitteilung der Rundfunkanstalt.

In der Multikulti-Redaktion ist man empört. „Radio Multikulti ist das Original, Funkhaus Europa wird uns nicht ersetzen können“, sagte ein Mitarbeiter. „Am Dienstag wurde dort zum Beispiel den ganzen Tag über den Tod des ehemaligen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin berichtet, den in Berlin keiner kennt. Derweil hat man im Wrangelkiez eine Schule evakuiert, wovon man bei Funkhaus Europa nichts mitbekam.“

Ein weiterer Mitarbeiter des Senders sagte, man könne die Entscheidung, die allein aufgrund der niedrigen Quote gefallen sei, nicht nachvollziehen. „Wir spielen eine wichtige Rolle für das multikulturelle Berlin. Im Gegensatz zu anderen Sendern des RBB unterscheiden wir uns noch deutlich von den Angeboten der privaten Radiostationen.“ Wortbeiträge und Weltmusik, die im Zentrum des Programms von Multikulti stehen, entsprächen eindeutig mehr dem öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag als das Abspielen von Schlagern oder Charts. „Wir sind ein kleiner Sender mit wenigen Festangestellten, pragmatisch gesehen sind wir wohl am leichtesten abzuwickeln.“

Mit Radio Multikulti verliert in Berlin auch der Karneval der Kulturen seinen wichtigsten Medienpartner. „Wir sind erschüttert von der Entscheidung. Einen gleichwertigen Partner zu finden, mit dem wir so genau unsere Zielgruppe erreichen können, wird sehr schwer werden“, sagte Sprecherin Nadja Mau.

JULIANE WIEDEMEIER

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