Opfer hoffen auf Papst

Betroffene von Missbrauch durch katholische Priester und Lehrer möchten eine Entschuldigung von Benedikt XVI.

CANBERRA taz ■ Die Opfer des sexuellen Missbrauchs durch katholische Priester in Australien hoffen auf eine offizielle Entschuldigung durch Papst Benedikt XVI., wenn dieser zwischen 15. und 20. Juli zum Weltjugendtag in Sydney weilt. Wie Vertreter der Opferhilfegruppe „Broken Rites“ meinen, sei eine offizielle Anerkennung des Jahrzehnte langen, „weit verbreiteten“ sexuellen Missbrauchs durch Priester, Laienprediger und katholische Lehrer durch den Papst für Betroffene ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung.

Die Hoffnung auf Anerkennung des Unrechts erhielt am Wochenende Auftrieb, als der australische Kardinal George Bell meinte, eine Entschuldigung bei den Opfern wäre am Weltjugendtag „wahrscheinlich willkommen“. Kommentatoren glauben, der oberste Vertreter der katholischen Kirche in Australien hätte diese Aussage kaum gemacht, wenn eine Entschuldigung des Papstes nicht geplant wäre. Der Papst war im April bei seinem US-Besuch mit Opfern zusammengetroffen, die von Priestern missbraucht worden waren, und entschuldigte sich im Namen der Kirche bei ihnen.

Die Forderung nach einer Entschuldigung kommt nur Tage nach der Verurteilung eines Lehrers der katholischen Schule Marist College in Canberra. John William Chute muss wegen des sexuellen Missbrauchs von sechs Schülern für zwei Jahre hinter Gitter. Er ist einer von mehreren Funktionären, die in den letzten Jahren des Missbrauchs von Kindern überführt und zur Rechenschaft gezogen worden sind.

Dennoch werfen Opfergruppen und Anwälte der katholischen Kirche vor, sich durch das Ausnutzen von Lücken im Gesetz aus der Verantwortung ziehen zu wollen. Die in Canberra ansässige Anwaltsfirma Porters Lawyers erwägt derzeit, dutzende Lehrer des Marist College einzeln vor Gericht zu Bringen, weil die Kirche versuche, durch eine „juristische Hintertür’“ der Haftpflicht auszuweichen. URS WÄLTERLIN