jonathan pitroipa, hsv-siegtorschütze
: Das Strichmännchen des Martin Jol

Martin Jol muss sich an diesem Samstagnachmittag ein wenig verliebt haben: in seine Nummer 21, in Jonathan Pitroipa. Denn beim vorsaisonalen Einreiten gegen Manchester City hat der Neuzugang aus Freiburg angedeutet, warum der HSV so lange um ihn gekämpft hat: Nach mehreren Tänzchen mit der gegnerischen Abwehrreihe erzielte er nach rund einer Viertelstunde das Siegtor. In der Halbzeit mussten die Verteidiger aus der Premier-League dann geschlossen zum Mannschaftsarzt: diffuses Schwindelgefühl. Zu diesem Zeitpunkt hallten bereits Pitroipa-Sprechchöre durch das Stadion und Martin Jol saß entrückt lächelnd auf der Trainerbank.

Für den Trainer des HSV muss es gewesen sein, als hätte der 22-Jährige mit jedem Pass, jeder Drehung Tulpen auf den Rasen gestreut. Pitroipa, das hat das Spiel gegen City gezeigt, könnte beim HSV für eine endgültige Wiederbelebung des klassischen 4–3–3 sorgen, mit dem die Hamburger zuletzt am Anfang des Jahrtausends richtig tanzten, damals noch mit Yeboah im Zentrum und Roy Präger auf dem Flügel. In den vergangenen Jahren, egal ob unter Thomas Doll oder Jols holländischem Vorgänger Stevens spielte der HSV zwar auf dem Papier auch immer mit drei Stürmern gespielt, doch war das in Wirklichkeit eine taktische Mogelpackung, eine verzerrte Raute – allerdings fehlte es auch stets an den entsprechenden Spielern.

Nun aber rast Extremwusler Pitroipa an der Bande entlang, kommt mit Hochgeschwindigkeit über den Flügel kontrolliert dabei auch im Dribbelzeitraffer ständig den Ball. In der Zweiten Liga war er damit eine der schillerndsten Figuren der vergangenen Jahre, stellte zahllose Verteidiger vor unlösbare Aufgaben.

Seine Leichtfüßigkeit war es auch, die die Scouts des HSV beeindruckte – verhinderte aber auch Pitroipas früheren Etagenwechsel: Immer wieder wurden seine Auftritte gegen Mannschaften wie Paderborn oder Koblenz auch von kritischen Stimmen begleitet. Hinter die Erstligatauglichkeit des vermeintlichen Strichmännchens setzten nicht wenige Beobachter ein dickes Qualitätsfragezeichen. Mit 60 Kilo bei 1,70 Metern wirkt Pitroipa auch heute noch durchaus zerbrechlich. Doch um ihn zu zerbrechen, muss man ihn erst mal fangen. LUCAS VOGELSANG

Fotohinweis:JONATHAN PITROIPA, 22, spielte schon in Burkina Faso. Den ersten Profivertrag erhielt er 2004 in Freiburg. FOTO: DPA