Alles neu und schön?

Bei einem Fotowettbewerb der Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeigen Studierende, wie sie ihren Campus wahrnehmen

„Man sieht nackte Wände und Versorgungsleitungen unter den Decken“

von LENA GORELIK

Zwei Fotos hängen untereinander, auf beiden ist das Gleiche zu sehen: Ein altes, rotes Backsteingebäude, ein bisschen Grün davor. „Sieben Unterschiede“ heißt die Fotoserie. Die Menschen bleiben stehen, suchen: Ist auf dem zweiten Bild irgendwo ein Fenster offen, fehlt am Hausrand vielleicht ein Efeuzweig?

58 Fotos hängen an einer schwarzen Stellwand im Foyer der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Der AStA hatte einen Wettbewerb ausgeschrieben unter dem Motto: „Mein Foto von der HAW – alles neu, alles schön?“ 15 Studierende haben bei der Ausschreibung mitgemacht, die meisten haben sich in ihren Bildern mit dem Neubau der HAW auseinander gesetzt.

„Wir haben mehr Arbeiten mit politischem Hintergrund erwartet“, sagt Stella Kleensang, die Organisatorin des Wettbewerbs. Die Hochschule habe neben den vielen äußerlichen Veränderungen auch einen neuen Namen bekommen, außerdem stehe das Hochschulmodernisierungsgesetz bevor. „Wir wollten wissen, welche Veränderungen die Studierenden wahrnehmen“, erklärt Kleensang. Der riesige Betonklotz scheint sich eher in den studentischen Köpfen fest gesetzt haben als das Hochschulmodernisierungsgesetz: „Der Neubau fällt eben ins Auge und ist präsent“, sagt die Organisatorin.

Die meisten Fotos zeigen das Gebäude von außen: Im Licht und in der Dämmerung, von oben und von unten, aus der Nähe und von weitem. In einer Serie scheint das Gebäude mal nach vorne, mal nach hinten zu kippen. „Manche nehmen den Neubau positiv wahr, die meisten sind eher kritisch“, schätzt Kleensang die Reaktion der Studierenden auf den Neubau ein. „Aber es entsteht auch mehr Campusleben hier, darüber freuen sich alle.“

Sie zeigt auf eine Serie von Bildern, die sich kritisch mit dem Wettbewerbsthema beschäftigt: Kaputte Steckdosen, freiliegende Leitungen, von Decken herunterkommender Putz sind darauf zu sehen. „Der Fotograf wollte wohl anprangern, dass so viel Geld ins neue Gebäude gesteckt wurde, während alte Mängel nicht behoben wurden“, erklärt Stella Kleensang.

„Sichtbeton“. Auf dem Gewinnerfoto ist nur das Wort zu sehen, aus einem Lexikon fotografiert. „Bevor unser Fachbereich in den Neubau verlagert wurde, habe ich in Altona studiert“, erzählt der Fotograf Christian Ahlström. „Da gab es alte Holzfußböden und eine Grünanlage in der Nähe.“ An das neue Gebäude habe sich der BWL-Student erst mal gewöhnen müssen: „Man kommt herein und sieht nackte Wände, unter den Decken hängen Versorgungsleitungen. Es ist ein reiner Zweckbau.“ Als er das Gebäude gesehen hat, habe er sofort an „Sichtbeton“ gedacht. Der zweite Preis geht an eine Serie aus zwei Bildern von Hai-Tan Triew: das erste Foto zeigt Gehwegplatten, das zweite deren Spiegelung im neuen Gebäude.

Das Bild „Sieben Unterschiede“ bekommt den dritten Preis. Die Suchenden werden nichts finden. „Bei uns im Fachbereich Sozialpädagogik wurde von außen nichts renoviert. Wir haben nur neue Möbel bekommen. Ich wollte zeigen, dass sich an dem potthässlichen Gebäude nichts verändert hat“, sagt die Fotografin Daniela Krause. Es ist eben nicht alles neu, alles schön.