Hugo Chávez mobilisiert Massen

In Venezuela demonstrieren hunderttausende für den Präsidenten und gegen den Streik

BERLIN taz ■ Mehrere hunderttausend AnhängerInnen des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez haben am Donnerstag in der Hauptstadt Caracas ihre Unterstützung für den von der Opposition angefeindeten Regierungschef ausgedrückt. Aus der Hauptstadt selbst und aus allen Provinzen des Landes waren die Menschen angereist, um gegen die Opposition zu demonstrieren, die die Regierung seit fast zwei Monaten mit einem Generalstreik unter Druck setzt.

Die Demonstration, nicht zufällig abgehalten am 45. Jahrestag des Sturzes von Diktator Marcos Pérez Jiménez am 23. Januar 1958, bewies die ungebrochene Mobilisierungskraft des Präsidenten. Noch immer verfügt Chávez über eine recht solide Machtbasis bei der armen Bevölkerung, während Mittel- und Oberschicht sich inzwischen fast komplett gegen ihn gewandt haben.

Chávez selbst, Hauptredner bei dieser Kundgebung in eigener Sache, griff die Opposition scharf an, deren Führer er als „Faschisten und Terroristen“ beschimpfte. Zum Abschluss seiner Rede kündigte er an, die vier von der Opposition kontrollierten Fernsehkanäle unter Kontrolle bringen zu wollen. Wie genau, sagte er nicht. Mehrmals rief er seine Anhänger „zum Angriff“ gegen die Opposition auf.

Außerdem verkündete Chávez angesichts der zunehmenden Kapitalflucht, die er auf bislang rund 700 Millionen US-Dollar bezifferte, für einige Tage den Verkauf von US-Dollar auszusetzen. Wenn der Verkauf ab Mitte nächster Woche wieder gestattet sei, würden für diese Geschäfte in den Banken neue Richtlinien gelten, um den Geldwechsel besser zu kontrollieren.

In den von der Opposition kontrollierten Massenmedien war diese größte Demonstration in Caracas nur Meldungen auf den hinteren Seiten wert. Der Universal rechnete dann auch noch detailliert vor, wenn man 1,8 Demonstranten pro Quadratmeter kalkuliere, käme man auf insgesamt lediglich 108.000 Demonstranten. Davon seien 58.000 herangekarrt worden, die restlichen 50.000 entsprächen aber gerade einmal 1,4 Prozent der Bevölkerung Caracas’.

Wer solche Rechnung anstellt, hat es nötig – und Chávez verkündete Erfolgsmeldungen. Dank der Intervention der Militärs und der Übernahme der Kontrolle über viele Unternehmen im Ausstand sei etwa die Ölproduktion bereits wieder auf über 1 Million Barrel pro Tag angestiegen, schon bald würden 2 Millionen Barrel täglich erreicht, selbst wenn der von Gewerkschaft und Unternehmensführung gemeinsam betriebene Ausstand weiterginge.

Die Opposition beharrt auf ihrem für den 2. Februar geplanten Referendum, bei dem sie über den Verbleib von Chávez an der Regierung abstimmen will. Chávez hat das nie akzeptiert, auch das Oberste Gericht ließ das Referendum kürzlich für verfassungswidrig erklären.

Noch ungeklärt ist die Herkunft eines Sprengsatzes, der am Rande der Pro-Chávez-Kundgebung explodierte. Zwei Menschen, darunter ein Obdachloser, wurden getötet und mindestens drei weitere verletzt, als die Bombe am Morgen auf einer Müllhalde losging.

BERND PICKERT