„Mister Nice Guy“ gegen die Islamisten

Malaysias Premier Abdullah Ahmad Badawi stellte sich gestern erstmals Wahlen. Um die Macht fürchten muss er nicht

Schon kurz nach seiner Amtsübernahme am 31. Oktober 2003 hatte Abdullah Ahmad Badawi seine Strategie deutlich gemacht: die Mehrzahl der ethnischen Malaien wieder mit der Regierungskoalition „Barisan Nasional“ (Nationale Front) zu versöhnen, die Islamisten in die Schranken zu weisen und mit der Korruption aufzuräumen. „Ich will nicht, dass ihr für mich arbeitet, sondern mit mir zusammen!“, sagte Malaysias neuer Premier bei seiner ersten Rede in seiner Heimat Penang.

Ohne dauerhafte politische Rückendeckung wird der Mahathir-Nachfolger den innenpolitischen Herausforderungen kaum gewachsen sein: Vor allem der Umgang mit der offensiv auftretenden Opposition, der islamistischen PAS (Parti Islam Se-Malaysia) bleibt für den als zurückhaltend geltenden „Pak Lah“ (Vater Lah) ein Spagat. Zumal seine eigene Umno-Partei sich in Zeiten wachsender Islamisierung in einer fragwürdigen Kehrtwende selbst bemühte, zum Sammelbecken konservativer Muslime zu werden. Ein Umstand, den Badawi keineswegs toleriert: Nicht umsonst hatte er im Wahlkampf für die gestrigen Parlamentswahlen vor allem in den PAS-Hochburgen für einen moderaten Islam geworben.

Der heute 64-Jährige wurde in eine prominente muslimische Familie hineingeboren. Sein Vater war Umno-Gründungsmitglied. Badawi studierte an der Universität von Malaya islamische Theologie. Seine steile Politkarriere wies teils tiefe Brüche auf: 1984 wurde er zwar Bildungsminister und einer von drei Umno-Vizepräsidenten, 1986 gar Verteidigungsminister. Aber schon 1987 wurde Badawi aus dem Kabinett gefeuert, weil er den Mahathir-Rivalen Tengku Razaleigh Hamzah in einer parteiinternen Rebellion unterstützt hatte. Erst 1991 kehrte Badawi als Außenminister in die Regierung zurück. 1999 ernannte Mahathir ihn zum Stellvertreter, nachdem der bisherige Vize Anwar Ibrahim in einem Machtkampf geschasst und inhaftiert worden war.

Badawi, dem viele als „Mr. Nice Guy“ politisches Format absprachen, setzte als Premier sehr bald auf ein politisches Kalkül, das die meisten nicht erwartet hätten: Er distanzierte sich vorsichtig von seinem autoritären Vorgänger und kündigte an, weniger in teure Infrastrukturprojekte und dafür mehr in die Landwirtschaft zu investieren. Damit hoffte er, die von Mahathir vernachlässigte ländliche Bevölkerung zurückzuerobern.

Kritiker monieren seine ambivalente Innenpolitik: Zwar sagte er Vetternwirtschaft den Kampf an, muss sich aber vorwerfen lassen, dass Ermittungen zur Untersuchung malaysischer Verwicklungen in illegale pakistanische Libyen-Atomgeschäfte nur dazu gedient hätten, die betreffende, von Badawis Sohn kontrollierte Firma reinzuwaschen. Auch Bürgerrechtler sind enttäuscht: Unter Badawi gilt weiterhin das repressive „Sicherheitsgesetz“. Das erlaubt, Verdächtige und politische Gegner ohne stichhaltige Beweise zu inhaftieren. NICOLA GLASS