Berliner sind endlich was wert

Ab September soll es in Prenzlauer Berg eine neue Währung geben: den „Berliner“. Er soll die kleinen Läden vor Ort stärken, die das Geld akzeptieren. Das Projekt wird aus Lottomitteln gefördert

VON RICHARD ROTHER

Einen Abnehmer für die neue Währung hätte Johann Israel schon. „Wir bekommen eine Gemüsekiste aus Brandenburg“, meint der Mitgesellschafter der Podium Berlin-Brandenburg GbR, die in Prenzlauer Berg Software entwickelt und Webseiten erstellt. „Der Lieferant würde auch Berliner nehmen, das haben wir schon geklärt.“

Berliner – damit ist kein Bier gemeint, auch keine Pfannkuchen. „Berliner“ sind eine neue regionale Währung, die ab September zunächst in Prenzlauer Berg ausgeteilt werden soll. Die Idee: Für einen „Berliner“ bekommt man einen Euro, den man in den beteiligten Kiezläden ausgeben kann. Der Wert des Geldes ändert sich dadurch nicht, nur der Name.

Mit dem neuen Geld sollen vor allem kleine regionale Händler und Unternehmen gestärkt werden – die großen würden sich daran ohnehin nicht beteiligen. Denn wer „Berliner“ in der Tasche hat, wird sie auch in den Läden vor Ort ausgeben: auf dem Markt, im Tante-Emma-Laden, in der Kneipe. Für die Läden liegt der Vorteil auf der Hand: Mit dem neuen Geld, das aus rechtlichen Gründen „Gutschein“ heißt, binden sie Kunden an sich, gewinnen neue Interessenten, machen auf sich aufmerksam.

Für die Verbraucher ändert sich erst einmal wenig. Da sie in den betreffenden Geschäften auch mit Euro zahlen könnten, bedeutet der „Berliner“ nur zusätzlichen Aufwand. Allerdings für einen guten Zweck, soll doch die regionale Wirtschaft gestärkt werden, von deren vielfältigem Angebot die Verbraucher profitieren. Zudem sollen, so planen es die Initiatoren, mit dem Geld soziale und kulturelle Projekte im Stadtteil gefördert werden.

Wie das geht? Die wundersame Geldvermehrung entsteht dort, wo immer Geld gemacht wird: in der Wechselstube, die in einem Büro der Grünen Liga in der Prenzlauer Allee eingerichtet werden soll. Wer nämlich „Berliner“ in Euro zurücktauschen will, muss eine Umtauschgebühr von fünf Prozent zahlen – damit werden dann die Kiezprojekte gesponsert. Für den Einzelnen heißt das also: möglichst alle „Berliner“ ausgeben.

Den Händlern hingegen könnte der Rücktausch Probleme bereiten. Sie hätten aber durch den „Berliner“-typischen Umsatz ohnehin von der neuen Währung profitiert, argumentiert der Organisator der neuen Währung, Dag Schulze. Daher könnten sie die Rücktauschgebühr, für die auch Rabattmodelle im Gespräch seien, tragen. „Das Geld soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt“, so Schulze.

Einige Läden hat er schon begeistern können. Mit 20 Geschäften könnte schon gestartet werden, wenn ein vielfältiges Angebot garantiert sei, so Schulze. Ziel sei, den Ökomarkt am Kollwitzplatz zu integrieren. „Die Menschen im Kiez sind sehr offen dafür“, ist sich Schulze sicher. „Bürgerschaftliches Engagement wird hier groß geschrieben.“

Schulze verweist auf positive Erfahrungen, die mit einer Regionalwährung in Bayern, dem „Chiemgauer“, gemacht wurden. Der wurde im Herbst in der Stadt Prien gestartet. Mittlerweile seien rund 100 Geschäfte dabei. „Das wollen wir nachahmen“, sagt Schulz, dessen Projekt von der GLS Gemeinschaftsbank und der Agentur Zukunftsfähiges Berlin unterstützt wird. Die stellte 10.000 Euro aus Lottomitteln zur Verfügung. Geld machen kostet schließlich Geld. Die Funktion der Zentralbank soll ein Verein übernehmen, der zurzeit gegründet wird.

Für den Software-Unternehmer Israel lohnt sich das Engagement. Zumindest ideell. Zwar könne seine Firma kurzfristig keine großen Umsätze durch den „Berliner“ generieren. „Aber es ist eine tolle Idee, um die vielen kleinen, exotischen Läden im Kiez zu retten.“