Spocht ohne Schau

Schalke 05 statt 04 sagte Carmen Thomas vor 30 Jahren im „Aktuellen Sportstudio“ – geblieben ist das Vorurteil gegen Fußball-Moderatorinnen

von JUTTA HEESS

Kaum ist die Spielvereinigung von Frau und Fußball und Fernsehen auch nur vage angebahnt, scheinen Bild-Kommentatoren und andere Männer nur noch eines zu denken: „Nie wieder Schalke 05.“ Ah ja. Auf Sportkompetenz Wert legende Frauen wollen auch lieber, dass Wolf-Dieter Poschmann kühn Brasilien als Mutterland des Fußballs bezeichnet. Oder dass Waldemar Hartmann erklärt, der FC Bayern sei ein Verein von internationaler Weltbedeutung. Und wenn Rudi Cerne rückwärts orakelt, das 2:0 in der 65. Minute sei auch der Halbzeitstand gewesen, dann geht uns das Herz auf – bei so viel fußgeballter Sportkompetenz.

Schade nur, dass solche Stilblüten nicht die gleiche Berühmtheit erlangen wie Carmen Thomas’ „Schalke 05“ aus dem „Aktuellen Sportstudio“ 1973. Dagmar Reim, RBB-Intendantin, sagte dazu unlängst im taz-Gespräch: „Carmen Thomas hätte die beste Fußballkennerin aller Zeiten sein können, es hätte ihr ja niemand geglaubt, dass sie einen Versprecher hatte. Wenn Männer ‚Bayer St. Pauli‘ sagen, ist das auch kein Grund, sie standrechtlich zu erschießen.“ Wobei – dann hätten die Asse vielleicht auch schon längst dem Sport den Rücken gekehrt und Bücher über die heilende Kraft des Eigenurins geschrieben. Besser also, Poschi, Waldi und Rudi bleiben uns erhalten. Nur so zum Spaß. Noch besser wäre hingegen, wenn das Ressort Sport und das Geschlecht Frau endlich vorurteilsfrei zueinander fänden.

Gerade mal sieben Prozent aller deutschen Sportjournalisten sind weiblich. Es interessieren sich aber sicher mehr Frauen für Sport, und noch weniger haben Angst davor, nackte Fußballer in der Umkleidekabine interviewen zu müssen. Was man zumindest als TV-Moderatorin nicht muss. Vielleicht ist deshalb immerhin auf dem Bildschirm schon eine halbe Damenmannschaft vertreten.

Wer mittelscharf nachdenkt, dem fällt unter anderen ein: Kristin Otto, Franziska Schenk, Jana Thiel, Monica Lierhaus, Gaby Papenburg, Sissy de Mas. Und eben einst Anne Will sowie Maybritt Illner, die sich aber ins frauenfreundlichere Politikressort abgesetzt haben. Richtig moderieren dürfen die wenigsten, geschweige denn mal ein Fußballspiel kommentieren. Sportnachrichten aufsagen ist eher angesagt. Was die Frauenbeauftragten der ARD-Sendeanstalten bei den Olympischen Spielen 2000 veranlasste, beim Intendanten persönlich bessere Aufstiegschancen für Sportjournalistinnen zu fordern.

Soll dieser doch gleich noch ein paar Millionen auf die Bundesligarechte drauflegen und in einer Kampagne oder einer Gehirnwäsche dafür sorgen, dass sich Männer nicht mehr über Frauen verkaspern, die eine Sportsendung moderieren, vielleicht sogar eine so wichtige wie die „Sportschau“. Und deren Fußballwissen sich nicht allein auf die Tatsache beschränkt, dass David Beckham saugut aussieht. Welche Frau das dann macht, ist im Grunde quietschegal. Ob Will oder Maischberger oder Franziska von Almsick – alles besser, als 30 Jahre „Schalke 05“ zu feiern.