Keine Entscheidung im Galopp

Die Pferderennbahn in Weidenpesch kämpft ums Überleben. Wenn der Kölner Rennverein seine finanzielle Misere nicht überwindet, fällt nach dem Willen der Stadt das Gelände an das Land zurück

Von Wolfgang Jorzik

Kölns Ratspolitiker sollen in ungläubiges Lachen verfallen sein, als sie diese Woche im nicht-öffentlichen Teil des Stadtentwicklungsausschusses den Darlegungen der Stadtverwaltung zu den möglichen Konsequenzen für die Galopprennbahn in Weidenpesch lauschten. Demnach fällt das Gelände, wenn der Kölner Rennverein seine finanzielle Misere nicht überwindet, an das Land zurück – mit der Auflage, eine Vollblutzucht einzurichten.

Der Rennverein kämpft um sein Bestehen und die Existenz der Galopprennbahn. Dabei sind Hürden zu nehmen, die sich, in Zahlen ausgedrückt, auf rund 15 Millionen Euro belaufen. Diesen Betrag benötigt der Verein nach eigenen Angaben, um Schulden in Höhe von 5,5 Millionen Euro zu tilgen und die notwendigen Sanierungen an den Tribünen, den Stallungen und den Sozialräumen durchzuführen.

Die Errichtung einer Wohnanlage auf dem Gelände der Pferderennbahn soll das Geld in die leere Vereinskasse spülen. Aber das Bauvorhaben ist äußerst umstritten. Die Kölner SPD und die PDS lehnen die Pläne zur Rennbahnbebauung ab (taz berichtete), und für die schwarz-grüne Ratsmehrheit ist es ein Reizthema. Zumal die Grünen ihre Zustimmung für den Hochhausbau des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) nur unter der Auflage gaben, dass die Rennbahnbebauung erst dann erfolgen solle, wenn alle Interessen durch eine moderierte Bürgerbeteiligung ausgeglichen sind.

Den ersten Termin für das Vermittlungsgespräch hat der Kölner Rennverein kurzfristig abgesagt. Erst wenn „belastbare“ Zahlen vorliegen, soll mit den Gegnern der Bebauung gestritten werden. Dann werden die Anwohner erneut vortragen, dass Grün- und Erholungsflächen verloren gehen, dass der durch die Müllverbrennungsanlage und dem Industriegürtel ohnehin schon stark belastete Kölner Norden seiner grünen Lunge beraubt wird. Und der Rennverein wird im Gegenzug darauf verweisen, dass über 300.000 Besucher Wirtschaftskraft bedeuten und die Kölner Rennbahn hohe Anerkennung genießt.

Durch die Absage des Rennvereins ergibt sich eine Zeitverschiebung, und so wird der Streit um die Rennbahnbebauung unter Umständen doch zum Wahlkampfthema. Da helfen auch die Versicherungen der Grünen nichts, die beteuern, vor den Wahlen Klarheit über die Bebauung schaffen zu wollen. Auch die CDU wird sich erklären müssen. Kann Köln auf einen Veranstaltungsort verzichten, der jährlich weit über 300.000 Besucher anzieht? Kann die Stadt, die ja auch Sportstadt sein will, auf eine Galopprennbahn verzichten? Und dürfen gesellschaftliche und politische Größen vor den Kopf gestoßen werden? Schließlich besetzt der Präsident des Rennvereins, Claas Kleyboldt, zahlreiche Positionen wie den Aufsichtsrat der KölnMesse, den Aufsichtsratvorsitz bei der Axa Colonia Versicherung oder als Mitglied des Kuratoriums von KölnMusik.

Damit der Dialog zwischen Gegnern und Befürwortern der Rennbahnbebauung nicht abgesagt scheint, wird es am 27. Mai um 18 Uhr einen Ortstermin geben. Dabei will der Rennverein seine Nöte darstellen (Interessierte können sich anmelden: rennbahn@hammerbacher.de). Mitte Juli will der Verein sein neues Planungskonzept vorstellen und die ausgefallene Bürgerbeteiligung gemeinsam mit der Stadt Köln nachholen.

Und wenn der Rennverein sein Ziel zum Erhalt der Galopprennbahn nicht erreicht, soll eine Pferdezucht für Vollblüter unter Ägide des Landes nachrücken. Ob Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) meint, dass eine Vollblutzucht nach Köln gehört, wird sich zeigen, wenn der Rennverein nicht überlebt.