Mülheimer sorgen sich um ihre Zukunft

Kölns Ausländerbeirat, der gestern am Ort des Mülheimer Anschlags tagte, stellt in der Keupstraße große Verunsicherung und Umsatzeinbußen fest. Für nächsten Sonntag ist ein Straßenfest geplant, mit dem Erlös soll den Opfern geholfen werden

Von Wolfgang Jorzik
und Frank Überall

Knapp vier Wochen nach dem Nagelbomben-Anschlag in der Mülheimer Keupstraße stehen viele Anwohner noch immer unter Schock. Das haben die Mitglieder des städtischen Ausländerbeirats festgestellt, die ihre gestrige Tagung in das multikulturelle Herz des Stadtteils verlegt hatten. „Der furchtbare Anschlag hat das ganze Viertel verunsichert, beinahe gelähmt“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Metin Sirin. „Unvermittelt wurden Menschen, die ihren Alltagstätigkeiten nachgingen, verletzt. Und dies nicht nur körperlich, sondern auch und besonders seelisch. Geschäftliche Existenzen wurden gefährdet.“

Ali Demir, Vorsitzender der Interessengemeinschaft (IG) Keupstraße, ergänzte, dass immer mehr Passanten die Straße meiden. Aus Angst vor weiteren Anschlägen würden die Kunden weg bleiben, die hier einkaufen oder essen gingen. Die 75 Betriebe mit ihren rund 300 Beschäftigten gerieten dadurch in eine bedrohliche Lage.

Am kommenden Sonntag, 11. Juli, will die IG deshalb mit einem großen Volksfest auf sich aufmerksam machen. Auf der Bühne in der Keupstraße werden unter anderem die Gruppen Brings und Höhner, Klaus der Geiger und der türkische Top-Act „Ekkofresh mit Azra, Valezka und Co.“ erwartet. OB Fritz Schramma (CDU) hat ein Grußwort angekündigt. Der Erlös des Straßenfestes soll auf das Spendenkonto für die Opfer überwiesen werden. Verletzte, die weder Versicherung noch Sozialhilfe hätten, würden daraus unterstützt. Außerdem sollen Opfer Hilfe erhalten, die bleibende Behinderungen davon tragen werden.

„Obwohl der oder die Täter und die Hintergründe noch nicht ermittelt werden konnten, liegt doch die Vermutung nahe, dass gerade diese Straße mit ihrer besonderen Atmosphäre getroffen werden sollte“, resümierte Metin Sirin. „Wir dürfen nicht zulassen, dass dieser Anschlag einen Anschlag auf gelebte Integration bedeutet.“

Auch der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte, Tayfun Keltek, äußerte sich besorgt über die aktuelle Lage. „Wenn die Vermutungen zutreffen, dass der Anschlag einen rechtsextremistischen Hintergrund hat, dann steigt die Verunsicherung. Deshalb bitte ich die Polizei, die Attentäter möglichst schnell zu fassen.“

Sirin schloss die Veranstaltung mit einem bewegenden Satz von Willy Brandt: „Wo die Zivilcourage keine Heimat hat, reicht die Freiheit nicht weit.“