Fantomas für die Union

Holger Pfahls sitzt. Spricht er auch? Das könnte der Union arge Probleme bereiten. Neuauflage von Untersuchungsausschuss wird diskutiert

BERLIN taz ■ Nach der Festnahme Holger Pfahls’ muss die Union weitere Enthüllungen aus der Kohl-Ära befürchten. Der Exstaatssekretär im Verteidigungsministerium gilt als Schlüsselfigur einer gigantischen Schmiergeldaffäre, die nie vollständig aufgeklärt werden konnte. Es geht um insgesamt 220 Millionen Mark, mit denen die Lieferung von Spürpanzern für Saudi-Arabien befördert werden sollte.

24,4 Millionen davon landeten auf einem Konto, auf das Rüstungslobbyist und CSU-Mitglied Karlheinz Schreiber Zugriff hatte. Der soll 3,8 Millionen an den alten Strauß-Vertrauten Pfahls weitergereicht haben. Eine Million kassierte der damalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep von Schreiber. Auch ein Teil der 5,6 Millionen Mark, die Max Strauß erhalten haben soll, stammen offenbar von Schreibers Konto. Für heute wird das Urteil gegen Strauß erwartet. Mehrere Millionen kassierten Thyssen-Manager für ihre Hilfe.

Aber wo ist der Rest geblieben? Gab es weitere Begünstigte in Union oder FDP? War gar „die Bundesregierung auch auf Ministerebene käuflich“, wie es der Grüne Christian Ströbele nicht ausschließt?

„Es muss mehr sein“, sagte dazu gestern Volker Neumann (CDU), früher Chef des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre. „Man taucht nicht für eine Summe von 3,8 Millionen Mark fünf Jahre unter“, sagte er dpa. Neumann vermutet, dass Pfahls in Vorgänge verwickelt war, die viel größeres Gewicht hatten als die bekannten.

Wird Holger Pfahls reden? Ein umfassendes Geständnis könnte die Richter milder stimmen. Für diesen Fall nennt Ströbele, ehemals Mitglied im Untersuchungsausschuss, eine Neuauflage des Gremiums „unumgänglich“. CDU und CSU lehnten das vehement ab. „Ströbele sollte mal die Luft anhalten und aufpassen, dass er nicht selbst über eigene Erfolge stolpert“, polterte der CSU-Abgeordnete Christian Schmidt. Auch die FDP lehnte einen neuen Ausschuss ab.

„Die CSU fürchtet Pfahls wie der Teufel das Weihwasser“, erklärte dazu Ströbele der taz. Vermutlich habe CSU-Mann Schreiber nicht nur eine Million an die CDU gespendet, sondern auch die eigene Partei bedacht, so der Grüne. Mit „absoluter Gelassenheit“ sehe man Pfahls’ Aussage entgegen, konterte Schmidt. Ströbele hält es auch für möglich, dass der damalige Wirtschaftsminister Möllemann Geld erhalten haben könnte.

Denn ebenso rätselhaft wie viele Geldflüsse scheint das Verhalten der Regierung Kohl im Jahre 1991. Außenminister Genscher hatte das Panzer-Geschäft noch am 26. Februar abgelehnt. Doch am 27. stimmte er zu – nur aus politischen Gründen? KLH

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