Schule statt Krise

Eine neue „Reportageschule“ will mit mehr Qualität im Journalismus zur Rettung der Printmedien beitragen

taz: Herr Reinhardt, sind gute Reportagen Mangelware?

Uli Reinhardt: Es gibt immer weniger gute Reportagen. Aber das war nicht der Grund, warum wir die Schule gegründet haben, sondern weil wir denken, dass wir auf diesem Gebiet etwas zu sagen haben. Wir möchten unsere Erfahrung an junge Journalisten weitergeben.

Wer kann Schüler der Reportageschule werden?

Der Idealschüler hat schon ein Volontariat bei einer Tageszeitung gemacht. Wir setzen eine gewisse Erfahrung im Pressewesen voraus. Die Reportageschule will eine solide journalistische Ausbildung bieten, also neben der Reportage sollen die Schüler auch lernen, wie man eine Meldung oder einen Dreispalter schreibt. Außerdem wollen wir die Ausbildung ganz eng an der Praxis halten, legen also großen Wert auf Praktika, und eines davon sollte wegen der Nähe zum Leser bei einer Regional-, besser noch bei einer Lokalzeitung stattfinden.

Was ist eine gute Reportage?

Sie soll eine spannende Geschichte möglichst nah am Menschen erzählen. Es soll kein Ballyhoo mit dabei sein, sondern der Reporter muss dicht an der Realität bleiben. Es ist ja heute nicht mehr wie vor dreißig Jahren, als man der staunenden Leserschaft noch aus fernen Ländern berichten konnte. Heute war jeder schon mal in Timbuktu, er weiß, wie es dort abgeht, und deswegen reagiert der Leser wesentlich empfindlicher auf Geschichten, die – wie man so schön sagt – schneller gemacht werden, Geschichten, in denen Dinge nicht so differenziert rüberkommen.

Viele Menschen lesen keine Zeitung mehr, sondern informieren sich über das Internet.

Wir haben gerade vor ein paar Tagen ein Gespräch mit dem Verlegerverband gehabt, und die haben gesagt, das sei sehr mutig, was wir machen, ob wir damit aber nicht noch mehr Arbeitslose produzieren würden? Aber in einer Zeit, in der gerade Einrichtungen, die zur Qualität des Journalismus beitragen, geschlossen werden, kann man doch nur begrüßen, wenn jemand versucht, etwas auf die Beine zu stellen.

Wird die Reportage nicht zum Luxusformat?

Wir sind der Meinung, dass die Leute nach wie vor Geschichten hören wollen, doch diese Geschichten müssen glaubhaft und gut sein. Deshalb glauben wir, dass der Print-Journalismus überleben wird – allerdings nur, wenn er Qualität beweist und nicht so schnelllebig ist. Vielleicht wird der Print-Journalismus in Zukunft insgesamt weniger auflagenstark sein, aber er wird seinen Platz behaupten. Und das wollen wir mit der Reportageschule unterstützen.

INTERVIEW: JUTTA HEESS

Uli Reinhardt, 57, ist Fotograf in der Agentur Zeitenspiegel. Infos unter www.reportageschule.de