Verwirrung um Hirntod Arafats

Pariser Ärzte können beim PLO-Chef keine Hirnströme registrieren. Für tot erklären wollen sie ihn aber nicht

PARIS/BERLIN afp/dpa ■ Die Ärzte in Frankreich können den todkranken Jassir Arafat nicht retten: Schon am Donnerstagabend stellten die Spezialisten des Percy-Militärkrankenhauses in Clamart bei Paris den Hirntod des 75-jährigen Palästinenserpräsidenten fest, wie einer der behandelnden Mediziner der Nachrichtenagentur AFP sagte. Allerdings erklärten die Behörden Arafat nicht offiziell für tot. Er befinde sich vielmehr in einem „sehr tiefen Koma des vierten Stadiums“, das noch Wochen dauern könne, sagte der Arzt weiter. Nach Angaben der Ärzte waren Arafats Gehirnströme nicht mehr feststellbar.

Der ranghöchste Arzt der französischen Armee, General Christian Estripeau, sagte, Arafat sei „nicht tot“. Sein „klinischer Zustand“ sei „noch komplexer“ geworden. Estripeau betonte, die von ihm verlesene Erklärung sei so abgefasst, dass die von Arafats Frau Suha geforderte Diskretion gewahrt bleibe. Von palästinensischer Seite wurde auch gestern dementiert, dass Arafat den Hirntod bereits erlitten habe.

In Deutschland wie im übrigen Europa gilt ein Mensch juristisch als tot, wenn seine Gehirnaktivität unwiderruflich zum Stillstand gekommen ist. Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm arbeiten dann nicht mehr und sind vom Körper entkoppelt („dissoziativer Hirntod“). Dieser wird festgestellt, wenn ein Gerät bei der Messung der Hirnströme (Elektroenzephalogramm) über eine längere Dauer nur noch eine „Nulllinie“ aufzeichnet. Sollen dem Patienten Organe entnommen werden, wird sein Kreislauf künstlich aufrechterhalten.

Im Islam gibt es nach Angaben der Berliner Islamforscherin Birgit Krawietz keine eindeutige Definition des Todeszeitpunktes. Unter den dortigen Rechtswissenschaftlern gelte ein Mensch als tot, „wenn seine Seele den Körper verlassen hat“. Dieser entscheidende Moment sei nur schwer zu erkennen. Für islamische Gelehrte sei der Hirntod daher nur ein Kriterium unter anderen – wie Leichenstarre, Totenflecken oder beginnende Verwesung, um den Tod im Nachhinein festzustellen.