HEUTE IN BREMEN
: „Das Wasser braucht genügend Platz“

Die Bürgerschaft wird zum fotografischen Wümme-Refugium

taz: Herr Oertel, die Wümme gilt als einer der saubersten Flüssen Norddeutschlands, trotzdem weist das Wasser nur die Güteklasse II auf: mäßig belastet. Das klingt ein wenig ernüchternd.

Gunnar Oertel, Stiftung Nordwest Natur: Die Güteklasse ist der klassische Parameter, denn die Wasserwirtschaft in den 70er Jahren entwickelt hat. Aber sie ist nur ein Aspekt unter verschiedenen, um die Naturnähe eines Gewässers zu definieren. Für uns sind beispielsweise auch die Uferbeschaffenheit und die Artenvielfalt sehr wichtig. Diesbezüglich ist die Wümme sehr reichhaltig, allein in der Wümmeniederung zwischen Fischerhude und Borgfeld leben über 1.500 Pflanzen- und Tierarten.

Im „Förderkreis Wümme“ ist unter anderem die Basler Versicherungen engagiert. Wieso interessieren sich die Schweizer für einen norddeutschen Fluss?

Weil die frühere Bremer „Securitas“ in der „Basler“ aufgegangen ist. Darüber hinaus gibt es zwischen Naturschutz und Versicherungen breite Schnittmengen, etwa im Bereich Hochwasserschutz. Man muss dem Wasser genügend Platz in der Landschaft lassen: Heute haben die Flüsse in Deutschland meist nur ein Zehntel ihrer früheren Überschwemmungsflächen. Aber das Hochwasser ist nur ein Feind, wenn man sich ihm in den Weg stellt, wie die Holländer sagen.

Seit 1998 präsentieren Sie jährlich Wümme-Fotos. Ist die „Kalendarisierung“ eine probate Naturschutz-Strategie? Der Ansatz erinnert ein wenig an die Apotheken-Umschau.

Die Form ist letztlich nicht entscheidend – wichtig sind die Inhalte- und die Vermittlung. Mit dem Kalender kommen wir in Kontakt mit Menschen, die unsere klassischen Faltblätter nicht lesen würden.

Aber gehen einem nicht irgendwann die Motive aus?

Das habe ich auch befürchtet, aber erstaunlicherweise ist es nicht so. Ich musste zum Beispiel sieben Jahre darauf warten, bis wir ein Rohrdommelweihen-Foto in den Kalender aufnehmen konnten. Und wenn man etwas liebt, mag man das auch von vielen verschiedenen Seiten betrachten. Interview: HB

Bis 14.5., Eröffnung heute um 11 Uhr