Staatssicherheit auf der Bühne

Das Theaterstück „Beschädigte Seelen“ erzählt Schülergruppen Spitzelgeschichten aus der DDR

Was weiß die heutige Jugend eigentlich noch über die Stasi? Dieser Frage geht ein Projekt nach, das gestern im JugendKulturZentrum Pumpe mit einer Theateraufführung begann. Über 200 Schüler und Lehrkräfte aus acht Berliner Schulklassen hatten sich gestern versammelt, um das Stück „Beschädigte Seelen“ der Theatergruppe Interkunst zu sehen.

Das Stück basiert auf dem gleichnamigen Buch von Jörg Mothes, der darin verschiedene Fälle und Biografien jugendlicher Stasi-Spitzel zusammengetragen hat. Viele waren beim ersten Kontakt mit der Staatssicherheit kaum älter als die gestrigen ZuschauerInnen, wobei diese die DDR wiederum nur aus Erzählungen kennen. Das Theaterstück erzählt nun die Geschichte von Hannes, der nicht nur selbst Stasi-Spitzel wird, sondern auch von seinem besten Freund verraten und deswegen der Schule verwiesen wird. Den Verrat erfährt er allerdings erst Jahre später beim Einsehen seiner Stasi-Akte.

Obwohl vor dem Stück kaum einer der Jugendlichen etwas mit der Abkürzung „IM“ anfangen konnte, wurde nach der Aufführung leidenschaftlich über das Gesehene diskutiert. Von dem Argument, in der DDR sei nicht alles schlecht gewesen, bis zu der These, zwischen Stasi und Gestapo hätte es eh kaum Unterschiede gegeben, wurde das Thema von vielen Facetten beleuchtet, wobei besonders der Diktaturenvergleich einen breiten Raum einnahm. Ein Gebiet, auf dem die Schüler sich wesentlich sicherer bewegten als im Bereich des Wissens über die Stasi und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Das bedeutet viel Arbeit für die beiden Theaterpädagoginnen Marion Lemker und Gudrun Bahrmann vom Berliner Grips Theater. Sie werden bis Mittwoch täglich mit jeweils zwei Schulklassen, davon eine aus dem Osten und eine aus dem Westen der Stadt, in gemischten Gruppen neue Szenen zum Thema Stasi und Jugendliche erarbeiten. Organisiert wurde das Ganze von den Bundes- und Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Torben Ibs