Musik vom Mars

Die neuseeländische Musikszene ist ziemlich klein. Eine Ahnung davon, wie klein sie wirklich ist und wie begrenzt ihre Möglichkeiten sind, um auch den Rest der Welt zu beschallen, bekommt man, wenn man sich die Geschichte der neuseeländischen Sängerin Bic Runga anguckt. Zunächst einmal ist es die Geschichte einer ziemlich begabten und ziemlich exotisch aussehenden Sängerin, die im kleinen Neuseeland ein großer Star ist, aber bis auf ein paar lobende Erwähnungen einfach kein massenkompatibles Publikum jenseits des Ozeans findet. Woran es wohl liegt? An ihrer Musik, ihrer Stimme und ihren Liedern bestimmt nicht. Sie selber gibt sich da keinen Illusionen hin. In einem Interview sagte sie: „Klar ist es schön, dass es so gut läuft in Neuseeland, aber für den Rest der Welt ist es so, als würde man Erfolge auf dem Mars feiern.“ Bic Runga wurde 1976 in Christchurch in eine Musikerfamilie hineingeboren, ihre Mutter Sophia Tang ist Chinesin, ihr Vater ein Maori, ihre beiden Schwestern Boh und Pearl sind ebenfalls bekannte Musikerinnen. Vielleicht ist es also nur ihr Image, das, passend zu ihren Texten und ihrer schwelgerischen Musik, ein eher romantisches ist. Mit klarer, hauchzarter und mit an den richtigen Liedstellen gebrochener Stimme singt beispielsweise niemand schöner Jacques Brels Lied „Ne me quitte pas“ oder verwandelt Bob Dylans „One more cup of coffee“ in eine betörende Hymne an die Outlaws der Gesellschaft. Dabei sind ihre wichtigsten musikalischen Einflüsse eher bei Neil Young, den Smiths oder Billie Holiday zu finden. Vielleicht ist es aber auch einfach die Ernsthaftigkeit, mit der Bic Runga ihr Image als Singer/Songwriter pflegt. Sie schreibt ihre Songs selbst und produziert sie sogar. Und das braucht Zeit. Viel Zeit. So veröffentlichte sie ihr erstes Album „Drive“ 1997, aber erst fünf Jahre später „Beautiful Collisions“. In Neuseeland gehen die Uhren eben anders.

SANDRA LÖHR