Pfahls sitzt jetzt in Augsburg

Der frühere Verteidigungs-Staatsekretär Holger Pfahls trifft mit dem Auto in Deutschland ein. Schon im März soll der Prozess beginnen. Seine Aussagen könnten Licht in mehrere politische Affären bringen – von Waffengeschäften bis zum Leuna-Skandal

AUS MÜNCHEN JÖRG SCHALLENBERG

Das „Phantom“ ist zurück. Gestern wurde der frühere Verteidigungs-Staatsekretär Holger Pfahls aus Paris nach Deutschland ausgeliefert, heute Morgen um 11 Uhr muss er sich in Augsburg vor dem Haftrichter verantworten. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes wurde der 62-jährige statt, wie geplant, per Flugzeug mit dem Auto nach Deutschland gebracht.

Bereits im März wird voraussichtlich vor dem Augsburger Landgericht der Prozess gegen den früheren Spitzenpolitiker und Daimler-Manager beginnen, den die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung angeklagt hat. Als Staatssekretär im Verteidigungsministerium soll Pfahls 1991 rund zwei Millionen Euro Schmiergeld von dem Waffenhändler und Lobbyisten Karlheinz Schreiber kassiert haben. Dafür soll er Schreiber 36 Bundeswehr-Spürpanzer zur Lieferung nach Saudi-Arabien zur Verfügung gestellt haben.

Als französische Polizisten gestern Vormittag am Grenzübergang in Forbach bei Saarbrücken Holger Pfahls ihren deutschen Kollegen übergaben, war die spektakuläre Flucht jenes Mannes endgültig zu Ende, der zeitweilig als meistgesuchter Deutscher galt.

Im April 1999 hatte sich Pfahls, damals in Diensten von Daimler, unter rätselhaften Umständen aus Deutschland abgesetzt. Der Münchner Staatsanwalt Hermann Froschauer wartete damals zwei Tage, bevor er einen gültigen Haftbefehl vollstrecken ließ. Im Juli 1999 tauchte der CSU-Mann und Zögling von Franz Josef Strauß nach einem Flug von Hongkong nach Taiwan vollends unter.

Seitdem suchten Zielfahnder Pfahls in insgesamt 14 Länden, vorwiegend in Fernost. Der Ex-Staatssekretär, der spurlos verschwunden schien, erhielt bald den Beinamen „Das Phantom“. In Medien- und Justizkreisen wurde bereits gemunkelt, er sei tot. Doch dann tauchte das „Phantom“ im Frühjahr 2004 wieder auf. In einem Fax aus Paris erkundigte er sich nach einer möglichen Verjährung. Im Juli 2004 wurde Pfahls in der französischen Hauptstadt verhaftet und saß seitdem dort in Untersuchungshaft. Die Hoffnung auf eine mögliche Verjährung in Sachen Bestechlichkeit verflog rasch. Das Augsburger Landgericht hatte im August 2002 eine Anklage in Abwesenheit gegen Pfahls zugelassen, was die Frist um fünf Jahre verlängerte.

Ein Prozess gegen den einstigen Spitzenbeamten wird in Deutschland vor allem deswegen mit Spannung erwartet, weil er neben dem in Kanada lebenden Karlheinz Schreiber als Schlüsselfigur diverser politischer Affären gilt. So soll Pfahls beim Kauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerien durch den französischen Konzern Elf Aquitaine seine Finger im Spiel gehabt und womöglich Schmiergeld-Millionen an die CDU oder die Bundesregierung weitergeleitet haben. Auch im Hinblick auf die Parteispendenaffären der CDU und die Vorwürfe gegen Max Strauß wegen der Lieferung von Airbus-Flugzeugen nach Thailand soll Pfahls vor Gericht und möglicherweise später vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss Stellung nehmen.

Unklar ist bislang, ob Pfahls aussagen wird. Sein Anwalt Volker Hoffmann versicherte am Donnerstag zumindest, dass der frühere Staatssekretär – der auf seiner Flucht mehrere Schlaganfälle erlitten haben soll – nicht versuchen will, sich aus gesundheitlichen Gründen für verhandlungsunfähig erklären zu lassen. Während des Verfahrens gegen Max Strauß in Augsburg hatte der Vorsitzende Richter Maximilian Hofmeister bereits eine erhebliche Strafminderung in Aussicht gestellt, wenn Pfahls ein umfassendes Geständnis ablegt und seine Fluchthelfer preisgibt.