„Was heißt hier Umweltprofil?“

STAATSRÄTIN Gabriele Friedrich leitet seit dem September das Umweltressort als neue Staatsrätin. Wir wollten von ihr wissen, was sie vorhat und woher sie kommt

■ 59, geboren in Berlin, hat in München 1990 als (parteilose) Fraktionsvorsitzende der Grünen den ersten rot-grünen Koalitionsvertrag ausgehandelt. War zuletzt als Kommunalreferentin Mitglied der Münchener Stadtregierung. Seit September 2011 Staatsrätin in Bremen.

Interview: Klaus Wolschner

taz: Wenn Sie lesen vom „glücklosen Senator“, der falsch beraten wird – ärgert Sie das?

Gabriele Friedrich, Staatsrätin: Ja. Ich finde das ungerecht und unberechtigt. Aber für mich kommt es vor allem darauf an, dass die Arbeit gut läuft.

Der Amtsvorgänger Reinhard Loske hatte ein schärferes Umweltprofil. Auf Behördenebene sind Sie dafür zuständig.

Was heißt hier Umweltprofil? Es geht doch darum, dass die Umweltthemen, die wir uns in verschiedenen Programmen und in der Koalitionsvereinbarung vorgenommen haben, erfolgreich bearbeitet werden.

In drei Jahren ist wieder Wahlkampf. Womit können die Grünen dann punkten?

Mir ist wichtig: Die Stromerzeugung soll ökologischer sein, Windkraft und andere erneuerbare Energien sollen ausgebaut werden. Schon daran wird man erkennen, dass in Bremen grüne Politik gemacht wird. Ein anderes wichtiges Stichwort ist für mich die nachhaltige Mobilität. Das Verkehrsentwicklungskonzept wird das deutlich machen.

Sie kommen aus München ...

Ich bin Berlinerin, habe aber 36 Jahre in München gelebt. Zum Studium bin ich Anfang der 70er-Jahre dorthin gegangen und hängen geblieben.

Zuletzt waren Sie Dezernentin in der Stadtregierung?

Ich habe das Kommunalreferat geleitet. Das ist eine Behörde mit rund 2400 Mitarbeitern. Die städtische Immobilienpolitik gehört dazu und die Verwaltung von Eigenbetrieben. Ich war zuständig für Abfallentsorgung, Schlachthof und Großmarkt und 5.000 Hektar Wälder.

Aus einer Weltstadt nach Bremen – ist das nicht ein Abstieg?

Im Gegenteil. Ich finde es spannend, neben der kommunalen Ebene auch für die Landesebene zuständig zu sein. Das zweite Motiv ist privat – meine Tochter lebt mit ihrer Familie in Bremen. Zudem bin ich ein Nord-Fan, liebe die Nordsee. Bremen ist unheimlich lebendig und liebenswürdig.

Zurück zur Energiebilanz – Bremen hat seine Stadtwerke privatisiert und keinen Einfluss mehr auf den Kohle-Einsatz.

Das sind Entscheidungen aus der Vergangenheit, die ich aus der kommunalen Sicht auch nicht glücklich finde.

Die Grünen haben gerade gefordert, dass man die Kohlekraftwerke nicht mehr modernisieren sollte. Eine gute Idee?

Man muss darüber nachdenken, den Kohle-Einsatz zurückzufahren. Die SWB haben zugesagt, zu prüfen, welche Ersatzbrennstoffe einsetzbar wären.

Die generelle Einführung von Tempo 30 in der ganzen Stadt ist vom Koalitionspartner kassiert worden, nun tauchen neue Tempo-30-Schilder auf.

Am Wall geht es um Lärmschutz für die Anwohner. Es ist erwiesen, dass das Tempo 30 dafür viel bringt, auch für die Sicherheit. Auf der Bismarckstraße ist Tempo 30 Teil des Verkehrskonzeptes „Bremer Nordosten“. Da sind wir uns einig mit der SPD.

Sie wollen Schienen bauen?

Jetzt gerade wurde beschlossen, die Linie 1 aus der Vahr an die Linien 2 und 10 anzubinden. Bisher muss man aus der Vahr den Bogen durch Schwachhausen machen, wenn man in die City will. In Zukunft soll man direkt in die östliche Vorstadt fahren können.

Sie selber ...

Ich bin Straßenbahn-Fan. Mein Auto steht meist. In der Woche fahre ich Fahrrad oder Bahn.

Gibt es große Unterschiede zwischen der rot-grünen Kultur in Bayern und im Norden?

Auf den ersten Blick kann man das nicht erkennen, mir ist vieles vertraut. Was die Beiräte in Bremen sind, sind in München die Bezirksausschüsse. Bayern setzt in der Umweltpolitik sehr stark auf Freiwilligkeit, da gibt es in der politischen Kultur in Bremen mehr Stringenz. Aber es gibt auch Felder, auf denen München weiter ist. Wir wollen hier die Bio-Stadt entwickeln, das gibt es in München seit 2008.

Was ist das?

Wir wollen uns stärker mit dem Thema gesunder Ernährung beschäftigen, regionale Produkte fördern – in der Gastronomie, in den Kantinen und auch in Kindergärten und Schulen. Wir müssen in der Umweltpolitik deutlicher machen, welchen großen Wert Lebensmittel haben. Das hat einen gesundheitlichen Aspekt, aber es hat auch einen Klima-Aspekt und hat auch mit Genuss zu tun.

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