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: Habsburger auf der Jagd – nach Lustschlössern, Wäldern und Geld

Das Jagdschloss Eckartsau, 30 Kilometer östlich von Wien gelegen, ist ein beliebtes Ausflugsziel und Sitz der Verwaltung der Nationalparks Donau-Auen. Während der ersten fünf Monate nach dem Untergang der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, von November 1918 bis März 1919, diente es Karl I. von Österreich, dem letzten Habsburger Herrscher, als Refugium, bevor dieser ins Exil geschickt wurde. Sein Sohn Otto Habsburg-Lothringen, Ex-Europaabgeordneter für die CSU, will dieses Juwel barocker Baukunst samt dem 27 Hektar großen Park wieder zurückhaben. Auch das Lustschloss Laxenburg, südlich von Wien, die Franzensburg im Laxenburger Park, Landgüter, fünf Wiener Zinshäuser und vor allem über 11.000 Hektar Wald, die die Bundesforste AG verwaltet, stehen auf der Wunschliste des ehemaligen Herrscherhauses.

Seit den 1950er-Jahren wurden Österreichs Höchstgerichte wiederholt mit dem Ansinnen befasst. Stets entschieden sie zugunsten der Republik. Zuletzt haben die Fürsten einen neuen Versuch unternommen. Sie berufen sich auf das 1998 beschlossene Restitutionsgesetz für Opfer des Naziregimes und das Entschädigungsgesetz, das 2001 auf Druck der USA erlassen wurde. Diese Gesetze sollen Juden und anderen rassisch oder politisch Verfolgten des Hitler-Regimes ihr geraubtes Eigentum oder zumindest eine angemessene Entschädigung verschaffen. Es mag skurril erscheinen, dass sich die einst mächtigste Familie des Kontinents in eine Reihe mit Menschen stellt, die ihr Vermögen zurückließen, um das nackte Leben zu retten. Die Habsburger argumentieren damit, dass auch sie von den Nazis enteignet wurden.

Technisch stimmt das. Die Güter der Familie Habsburg wurden 1919 von der Republik Deutsch-Österreich konfisziert. Karl, der sich weigerte, einen Thronverzicht zu unterzeichnen, wurde ins Exil geschickt und mit einem Aufenthaltsverbot belegt. Der Staat war durch den Weltkrieg ausgeblutet und benötigte Mittel für die Versorgung und Entschädigung der Kriegsopfer. Dafür musste das Vermögen der Herrscher herhalten. Insofern hatte die entschädigungslose Enteignung auch Sühnecharakter.

Aber in den 1930er-Jahren, als Bundeskanzler Engelbert Dollfuss das Parlament ausschaltete und den autoritären Ständestaat ausrief, machte sich auch wieder K-u-K-Nostalgie breit. Die Familie Habsburg bekam ihre Schlösser und Domänen zurück. Gerade die Monarchisten gehörten zu den vehementesten Gegnern eines Anschlusses an Hitler-Deutschland. Kaum war Österreich als Ostmark dem „Tausendjährigen Reich“ eingegliedert, wurden die Güter der Habsburgs 1939 neuerlich beschlagnahmt.

Also doch? Der Hochadel als Opfer des Rassenwahns? Die Restitutionsklage, eingereicht von einem entfernten Neffen des Kaiserenkels im Namen von 160 erbberechtigten Familienmitgliedern, blitzte vergangenen Dezember beim zuständigen Schiedsgericht ab. Das Habsburger-Gesetz und die Beschlagnahme des Familienvermögens sei Teil der Verfassung. Unlängst machte auch der Verfassungsgerichtshof klar: Das Begehren verstößt gegen das Habsburger-Gesetz, das Teil der Verfassung ist.

Die Blaublütler, die Österreich 650 Jahre als Herzogtum, Erzherzogtum und Kaiserreich regierten, geben nicht auf: Man ist gewohnt, in Jahrhunderten zu denken. Selbst wenn die Gerichte den Habsburgern Recht gäben, würden diese nicht froh werden. Die Schlösser hätten sie – zwecks Aufteilung auf die 160 Familienmitglieder – gern in Geld abgelöst. Aber allein in Schloß Laxenburg, dessen Wert auf 5 Millionen Euro geschätzt wird, hat die Republik in den letzten 45 Jahren rund 60 Millionen für Restaurationsarbeiten investiert. Das würde sie völlig zu Recht in Rechnung stellen. RALF LEONHARD