und buddha verschluckte einen kleiderbügel von ILKE S. PRICK
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„Glaubst du, dass es das Richtige war für Matilde?“, flüstere ich Sylvia zu und tue so, als ob alles wäre wie immer. „Was genau meinst du?“, zischelt Sylvia zurück und versucht, beim Flüstern ihre Lippen in Lächel-Position zu konservieren. „Diese Besorgnis erregend entspannte Art, dieser BSE-mäßige Blick oder das abartige Gekicher?“ Sylvia schielt kurz zur Seite und schaut dann wieder rüber zu Matilde. „Ich meine dieses Grinsen, als hätte sie zum Frühstück einen Kleiderbügel verschluckt“, seufze ich.

Ehrlich, ich habe schon einiges mitgemacht. Von Kinderverschickung bis zum Selbstfindungskurs. Nur das hier, nein, das habe selbst ich noch nicht erlebt. Hätten wir vorher gewusst, was für eine Matilde wir da wiederbekommen, wir hätten sie entführt, drei Tage mit Rotwein abgefüllt und erst am Montag wieder auf freien Fuß gesetzt. Konnten wir denn ahnen, dass sich hinter dem Workshop in „Lach-Yoga“ eine Art Gehirnwäsche für Depressive verbirgt? Wie lange hat sie an ihrem Zynismus gearbeitet? Jahre, vermute ich. Und nun soll alles umsonst gewesen sein?

„Es ist ganz einfach, so, passt auf!“ Matilde versenkt freudig die Daumen in den Achselhöhlen und fängt an, mit ihren imaginären Flügeln zu wedeln. Sie hat einen Gesichtsausdruck, den wir von ihr nur nach dem Genuss bestimmter Substanzen kennen. „Chicken Laughter!“, grölt sie und ich fühle mich um Jahre zurückversetzt: in eine Dorfdisco, als das hier noch Ententanz hieß und der Startschuss war, um für die nächste Viertelstunde aufs Klo zu flüchten. „Das hebt die Stimmung, wirklich! Und nun müsst ihr noch den Ton dazu machen: hahaha, hehehe, hohoho.“ Matilde ist nicht zu bremsen.

Spontan spüre ich ein Kratzen in der Ellenbeuge. Bitte nicht! Auf einem Kirchentag bin ich mal versehentlich in eine Gruppe enthusiastischer Jungchristen mit roten Plastiknasen und Ringelstrümpfen geraten, die mich trotz heftiger Gegenwehr zwangsmissionieren wollten. An ihren riesigen Jacketts prangten bunte Badges. „Clown for Jesus“ stand da. Allein der Gedanke an ihr fröhliches Ho-Ho-Hosianna, mit dem sie um mich herumsprangen, reanimiert sofort diesen Ausschlag mit Pusteln, den ich seitdem bei Erweckungserlebnissen jeglicher Art habe.

„Na, merkt ihr’s?“, hechelt Matilde ekstatisch. „Was? Die Arthritis?“ Sylvia verdreht die Augen. „Nein, verdammt noch mal! Wie eure Freude in Bewegung kommt.“ Fast ist der Unterton in Matildes Stimme der altbekannte. Ich wittere Morgenluft. Bis sie wieder fröhlich zwitschernd zum Abschluss ihrer kleinen Demonstrationsübung vorschlägt, dass wir uns doch alle gemeinsam als Lachstern auf den Boden legen sollten, Kopf an Kopf, von wegen Energiefluss und so.

„Du, ich muss dann mal“, quetsche ich hervor und bin schneller an der Tür als sie vom Boden hoch. Nein, ich werde mir nichts anhören von wegen Blockaden. Ich werde ganz einfach nach Hause gehen, mich ins Bett legen, mit einer Heavy-Metal-CD und einer netten Packung Valium. Ich werde mich erholen von diesem Nachmittag und es mir so richtig schön schlecht gehen lassen. Vielleicht setze ich mir dazu noch eine rote Pappnase auf. Warum auch nicht? Und dann werde ich mich scheckig lachen. Hohoho …