Ein Archiv für die Bewegung

WACHES ERINNERN Ein neues Hamburger Archiv-Projekt will die Geschichte der norddeutschen Anti-AKW-Aktivisten dokumentieren und digitalisieren

„Nein“, sagt Aram Ockert, „Fukushima allein war nicht der Grund für den Atom-Ausstieg.“ Sonst hätte auch Frankreich das Ende der AKWs beschlossen, aber das sei ja nicht der Fall. In Deutschland aber, „da hat knapp 40 Jahre lang die Anti-AKW-Bewegung den gesellschaftlichen Boden für den Ausstieg bereitet. Mit Erfolg.“

Den gilt es zum Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima – nun ja, nicht direkt zu feiern, aber doch zu würdigen. Die zeitliche Koinzidenz ist dabei eher zufällig. Aber es gibt sie, und Ockert, Mitgründer der Initiative „Altonaer Museum bleibt“, ist stolz auf sie. Just in diesen Tagen nämlich startet ein von ihm initiiertes Projekt, das die Geschichte der Anti-AKW-Bewegung in Norddeutschland aufarbeiten soll. Ein Archiv-Projekt.

25 1-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose hat er für zunächst ein Jahr genehmigt bekommen, um Material zusammenzutragen. Dabei will er weder mit den Geschichtswerkstätten noch mit dem bereits existierenden Gorleben-Archiv in Lüchow konkurrieren. Aber „die Geschichte der Anti-AKW-Bewegung speziell in Norddeutschland ist noch nicht erfasst“, sagt Ockert.

Das Zauberwort wird dabei „Digitalisierung“ lauten, denn dauerhaft lagern wollen die Projektmitarbeiter nichts. „Selbst wenn das Projekt verlängert wird, ist es endlich“, sagt Ockert. Deshalb wolle man möglichst viel Material digital speichern und dann an die Eigentümer zurückgeben.

Etliche Archivalien habe man übrigens schon: die Sammlung von Dieter Kröger, einem Hamburger Brokdorf-Aktivisten der ersten Stunde. Doch Ockert will mehr und hofft, dass sich Menschen melden, die weitere Erinnerungsstücke haben.

Der Bezug zur taz übrigens, sagt Ockert, sei evident. „Da die taz ja ungefähr zeitgleich mit der Anti-AKW-Bewegung entstand, stammen 80 Prozent der Artikel zu dem Thema aus dieser Zeitung“, sagt Ockert. Außerdem aus dem damals 14-tägig edierten „Arbeiterkampf.“

Münden soll das Archiv-Projekt in eine Ausstellung, von der Ockert noch nicht weiß, wo er sie zeigen wird. „Das Thema ist eine wichtige Facette der Regionalgeschichte“, sagt er. Andererseits nicht unbedingt museal und für den konventionellen „White Cube“ geeignet. Aber da, sagt Ockert, werde man schon einen geeigneten Ort finden, wenn man erst mal so weit sei.  PS

Das Archivprojekt in der Bartholomäusstraße 57 b ist werktags von 10 bis 15 Uhr geöffnet und telefonisch unter 73 08 81 27 erreichbar.