Wasserpreis für Slum-Klos

Bindeshwar Pathak entwickelte ein Toilettenmodell, für das er heute den mit 150.000 Dollar dotierten International Stockholm Water-Prize erhält

Ein verzweifeltes Mädchen hat ihn auf die Idee gebracht, erzählt Bindeshwar Pathak. Sie wollte nicht mehr die Latrinen reinigen, in die andere Menschen ihre Notdurft verrichtet hatten. Eine Arbeit für die „Kastenlosen“ (Dalit), die die schmutzigsten Jobs ausführen müssen. Pathak, ein indischer Soziologe, der sich seit den Sechzigerjahren für die Rechte der Dalit engagiert hatte, versuchte sich als Ingenieur. Und entwickelte ein Toilettenmodell, für das er am heutigen Donnerstag den mit 150.000 Dollar dotierten International Stockholm Water-Prize erhält.

In den „Sulabh“-Toiletten werden die Exkremente kompostiert, es muss keine Latrine mehr gereinigt werden. Mit einfachen Mitteln gebaut, gibt es sie mittlerweile in 55 Millionen Haushalten: Ein Sitzbrett oder ein Loch im Boden, ein mit Ziegelsteinen ausgekleideter Brunnen und zwei Latrinen. Die Exkremente werden mit einer geringen Wasser-„Spülung“ in eine der beiden Latrinen geleitet. Ist diese voll, wird die andere geöffnet, der Inhalt der ersten kompostiert zu einem grauen Pulver, mit dem man dann düngen kann. Verschmutzung und damit Seuchengefahren sinken.

1970 gründete Pathak die Organisation „Sulabh Sanitation Movement“. Und es ist noch viel zu tun. 650 Millionen InderInnen haben keinen Zugang zu Toiletten und verrichten ihre Notdurft im Freien, sagt der 66-Jährige. „Es sind nicht nur die Armen, auch die Häuser vieler Reichen haben keine Toiletten.“ Die Jury würdigt ein Engagement, das zum „Wohlergehen von Millionen beigetragen hat“. 2,5 Milliarden Menschen weltweit leben ohne ausreichende sanitäre Verhältnisse, mehr Kinder sterben an hierauf zurückzuführende Krankheiten als an HIV, Malaria und Tuberkulose zusammen.

Pathaks System kommt mit eineinhalb Liter Wasser pro Spülung aus. Doch es braucht Wasser und es gibt Kritik, dass die „Weltwasserwoche“ mit ihrem Wasserpreis eine solche Lösung belohnt. „Wassertoiletten sind nicht die Lösung für die ganze Welt“, sagt Anders Berntell, Chef des Stockholmer Wasserinstituts Siwi, „es gibt unheimlich gute Modelle für trockene Lösungen.“ Pathak ist jetzt auch Unternehmer in Sachen öffentlicher Bezahltoiletten, die mittlerweile täglich 10 Millionen BenutzerInnen an 7.500 Plätzen in ganz Indien haben. REINHARD WOLFF