Tore und Zuversicht

Der 1. FC Köln zieht seine eigenen Schlüsse aus dem umkämpften 3:3 im niederrheinischen Derby in Mönchengladbach. Es sind zwar kleine Schritte, aber doch Schritte im zähen Abstiegskampf mit dem 1. FSV Mainz 05 und SV Darmstadt 98

Ein Ringen auf hohem Niveau: hier Gladbachs Ngoumou und Kölns Hübers (r.) Foto: Federico Gambarini/dpa

Aus Köln Daniel Theweleit

Dass die Gefühle in Wallung geraten im Verlauf eines Derbys zwischen Mönchengladbach und Köln, ist kein besonders überraschender Vorgang, doch der Zustand der emotionalen Verwirrung, in dem alle Beteiligten auf das 3:3 vom Samstag zurückblickten, hatte besonderen Charakter. Einerseits feierte der Kölner Trainer Timo Schultz seine Mannschaft, als er sagte: „Wir haben offensiv das beste Spiel gezeigt, seit ich hier Trainer bin.“ Zugleich jedoch monierte Kölns Kapitän Florian Kainz, dass die Mannschaft „viele Fehler gemacht“ habe, und Angreifer Faride Alidou verkündete: „Wir sind nicht zufrieden.“

Nicht viel anders erging es den Gladbachern, deren Trainer Gerardo Seoane von einem „Fußballfest“ sprach, „das überragt“, und behauptete: „Wir gehen mit guten und positiven Gefühlen aus dem Spiel.“ Ganz anders klangen die Gladbacher Spieler, man werde ihn „heute nicht strahlen sehen“, sagte Julian Weigl, während Robin Hack zürnte: „Es kotzt mich an!“

Vielleicht war diese Partie zu facettenreich für ein einheitliches Meinungsbild, vielleicht ging es den Trainern darum, den Optimismus für die kommenden Wochen zu erhalten. Denn es war ein wilder Ritt, auf den sich beide Mannschaften begeben hatten, dessen fußballerisches Niveau in vielen Phasen gut zur Tabellenregion passte, in der sich die rheinischen Rivalen befinden: eher unten und unterhalb der eigenen Erwartungen. Die Gladbacher schaffen es zwar, nicht ernsthafter in Abstiegsgefahr zu geraten, aber von den sechs direkten Duellen mit den Klubs aus der Abstiegszone haben sie kein einziges gewonnen. Und die Kölner verlieren zwar nur noch selten unter Timo Schultz, haben aber auch nur einmal gewonnen seit Weihnachten (2:0 gegen Eintracht Frankfurt). Also sagte Abwehrspieler Timo Hübers: „Den Punkt nehmen wir mit, ob ich mich freuen oder ärgern soll, entscheide ich noch.“

Vielleicht wird ihn ein genaueres Studium der Tabelle während der kommenden Tage eher zu einem positiven Fazit animieren, denn auch das 1:8 der Mainzer in München hat Auswirkungen auf die Lage. Die Kölner haben nicht nur ihren Vorsprung auf die Rheinhessen ausgebaut, auch ihr Torverhältnis ist plötzlich um drei Treffer besser. Und sie haben gefährlichere Angreifer auf dem Platz. In der gesamten Hinrunde waren dem Effzeh nur elf Treffer gelungen, jetzt sind es in der Rückrunde nach acht Partien bereits acht. Im Borussia-Park hatten sie durch Tore von Faride Alidou mit 0:1 (7.) und 1:2 (64.) geführt, und als sie durch Gladbacher Treffer von Franck Honorat (32.) sowie Robin Hack (72., 73.) mit 3:2 zurücklagen, kam ein Spieler, den kaum jemand kennt, und schoss ein perfektes Stürmertor: Damion Downs, der zumeist in der U21 zum Einsatz kommt, fand einen klugen Weg in die Tiefe und setzte einen schwierigen Schuss mit dem linken Fuß in die lange Ecke. „Ich habe mich übelst für Damion gefreut“, sagte Alidou, „das Tor war aus meiner Sicht noch wichtiger als die beiden von mir.“

Darüber lässt sich streiten, klar ist aber, dass die Kölner Offensive neuerdings nicht mehr wie ein Mannschaftsteil ohne Bundesligaqualität erscheint. Schon beim 0:2 gegen Leverkusen spielte der Angreifer Sargis Adamyan auffallend stark, Faride Alidou sind während der Rückrunde vier Treffer gelungen, und mit Downs ist ein weiterer Kandidat fürs Toreschießen aufgetaucht. Zudem konnte Davie Selke in Gladbach erstmals seit seiner Fußverletzung aus dem Januar wieder einige Minuten spielen.

All das sorgt für eine neue Zuversicht in Köln. Zuletzt war ja ein beängstigender Gedanke auch innerhalb des Klubs recht präsent gewesen: Auf den ersten Blick bestreitet Mainz 05 diesen Abstiegskampf mit einem vor allen Dingen in der Offensive stärker besetzten Kader als der FC. Diese Sorge steht jetzt nicht mehr so im Vordergrund, wobei Vorsicht geboten ist mit Rückschlüssen aus einem Derby gegen Mönchengladbach. Hin- sowie Rückspiel zusammengenommen hat der FC sechs seiner 19 Saisontore gegen die Borussia erzielt, das sind mehr als 30 Prozent. Und die vier Punkte aus den beiden Partien sind wichtig, wirklich entscheidend werden aber die Spieltage 28 bis 34. Dann spielen die Kölner neben einem Duell beim FC Bayern gegen Bochum, Darmstadt, Freiburg und Union Berlin sowie in Heidenheim und Mainz.