wortwechsel
: Auf Augenhöhe im Arbeitskampf

taz-LeserInnen haben teils Verständnis für den Streik der GDL, sehen aber auch die Strapazen für Bahnkunden. Wie konnte es zum starken AfD-Zulauf kommen?

Auf die Straße: Demonstration in Berlin gegen nazistische Deportationspläne der AfD Foto: Kira Hofmann/imago

Arbeitskampf

„Weselsky streikt wieder ...“,

wochentaz vom 27. 1. – 2. 2. 24

Dieser Beitrag von Frau Herrmann mag schon überraschen, vor allem, wenn man ihre sonst so durchdachten Argumentationslinien kennt. Über die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung wurde – gewerkschaftskonform – demokratisch durch die GDL-Mitglieder abgestimmt. „Weselsky will nicht verhandeln, sondern erpressen“, schreibt Ulrike Herrmann. Die bisherige Streikdauer der GDL ist moderat. Sieben Wochen streikten die Beschäftigten der westdeutschen Metallindustrie für den Einstieg in die 35-Stunden-Woche, das war 1984!

Streiks dienen im Allgemeinen dazu, die eigene Verhandlungsposition der ArbeitnehmerInnen zu stärken. Ansonsten gibt es keine Augenhöhe, die das Durchsetzen eigener Zeile in greifbare Nähe rücken lässt. Ansonsten bleiben ArbeitnehmerInnen Bittsteller. Natürlich werden wir als Bahnreisende in Mitleidenschaft gezogen. Aber folgt man Frau Herrmann, so würde sie als Mutter gegen Streiks in Kitas argumentieren, als Patientin gegen Streiks von ÄrztInnen und Krankenhausbeschäftigten wettern. „Überfordert und lahmgelegt“, würde es dann auch wieder heißen. Die Bahn soll attraktiver werden? Ja, vor allem durch Erleichterungen für Schichtarbeitende im Rahmen einer 5-Tage-Woche und zweier freier Tage am Stück. Frank Kramer, Hamburg

Mondforderungen

„Ein ganzes Land in Geiselhaft“,

wochentaz vom 27. 1. – 2. 2. 24

Danke für diesen zutreffenden Artikel! Interessanterweise finden sich die UnterstützerInnen derartiger Proteste meistens unter denen, die nicht betroffen sind. Wer auf den Zug als Fortbewegungsmittel setzt, ärgert sich dieser Tage, und dem Image der Bahn schadet es. Das ist sehr bedauerlich, da ein leichter Trend von Inlandsflügen zu Zügen bei ökologisch Interessierten entstand.

Wenn es den Menschen ans eigene Portemonnaie geht, werden sie empfindlicher. Bei der Bahn geht es uns allen ans Portemonnaie, denn die gehört dem Staat.Wenn nun Mondforderungen umgesetzt würden, fehlten diese Gelder für die Sanierung der Bahn. Durch die wenig zukunftsweisende Aktion der CDU stehen hier schon Milliarden weniger zur Verfügung. Wie ich in dieser Zeitung an anderer Stelle lese, sind die Gehälter für LokführerInnen nicht gerade als zu gering zu betrachten. Philippo1000 auf taz.de

Demokratie

„Zum ersten Mal Mehrzahl. Hunderttausende gehen in ganz Deutschland gegen rechts auf die Straße“,

wochentaz vom 27. 1. – 2. 2. 24

Es ist eine tolle Erfahrung, dass endlich die „schweigende Mitte“ den Ernst der Lage erkennt und gegen die AfD samt Anhängern als schmutzigbraunen, ekligen Rand unserer Gesellschaft auf die Straße geht.

Einen ganz besonderen Stellenwert ­haben die Demonstrationen in den neuen Bundesländern, wo erschreckenderweise die als AfD getarnten Nazis viel Zulauf haben und die dagegen Demonstrierenden zum Teil sogar Sorge um ihre körperliche Unversehrtheit haben müssen. Festzustellen ist aber auch in aller Deutlichkeit, dass gerade in Ostdeutschland die etablierten Altparteien CDU und SPD durch abgehobenes politisches ­Agieren den Boden für diese Nazipartei AfD bereitet haben. Das gilt auch in etwas abgeschwächter Weise für die ­alten ­Bundesländer. Mit allen demokra­tischen und rechtsstaatlichen Mitteln sollte nun auch von politisch Verantwortlichen die schleichende Unterwanderung unserer Demokratie durch die AfD ver­hindert werden – es ist nämlich wirklich fünf Minuten vor 1933.

Gunter Kalinka, Jüchen

AfD-Boom

Trotz der erfreulichen Demonstrationen gegen die rechtsextreme AfD stellt sich die Frage nach den Gründen für deren wachsenden Zulauf. Hingewiesen wird dabei auf die Zerstrittenheit der Ampel­koalition. In der Tat läuft dort vieles schlecht oder gar falsch. Allerdings müssen sich die Wähler da an die eigene Nase fassen, denn sie haben ein „­trojanisches Pferd“ in diese Regierung gewählt, dessen Insassen das einzige Ziel verfolgen, alles zu blockieren, was ihrer Klientel nicht nützt – und ihre Klientel ist nicht die Allgemeinheit, und es sind erst recht nicht die Hilfsbedürftigen. Und welcher Gegenentwurf wäre aus der Opposition zu erwarten? Schlechte Aussichten also, fürwahr, aber kein Grund, die AfD zu wählen – weil sie nichts besser machen würde, was ihre eigenen Aussagen in Wort und Schrift ständig dokumentieren. Gewiss, man kann und sollte die AfD verbieten, wenn es die Juristen hinbekommen. Aber was geschieht mit ­ihren Wählern?

Rolf Oesterlein, Nieder-Olm

Richtiges falsch zu tun

Aufzustehen für Demokratie und Grundgesetz ist grundrichtig. Damit gleichzeitig eine Regierung zu stützen, die sich um die Mehrheit arbeitender Menschen in diesem Land einen Dreck schert, ist der unangenehme Nebeneffekt. Ebenso wie die neue „Regelung“, dass jede Kritik an dieser Regierung mit scheinbarer Unterstützung der „Massen“ reflexhaft als „rechts“ und „spaltend“ „eingeordnet“ wird! Ablehnung AfD heißt mitnichten automatisch Zustimmung zu Scholz und linken und grünen Genossen!

Ich möchte nicht von Frau Baerbock und Co, die sich erfrechen, bei den Demos mitzulaufen, vor ihren Karren gespannt werden. Eines muss man SPD und Grünen lassen: Medienkampagne können sie! Die letzte Wahl haben sie mit „Er hat gelacht“ gewonnen. Diesmal mit „Sie ­haben sich mit Sellner getroffen“. Es ist zu billig! Weil sie eben außer diesem scheindemokratischen Geschrei nichts anzubieten haben.

Thomas Wienand, Wadersloh

Demonstrationen

Woher wollt Ihr eigentlich wissen, dass wenige „Migranten“ an den Demonstra­tio­nen teilgenommen haben? Die Aussage unterstellt, dass „Migranten“ als solche am Äußeren zu erkennen wären. Das ist genauso rassistisch wie die Nutzung des Begriffs „Biodeutsche“. Es gibt schlicht nix „Deutsches“, was irgendetwas mit Biologie, Abstammung, Genetik, „lesbaren“ Äußerlichkeiten zu tun hätte. Allein die Selbstzuordnung oder ein Pass mag hier Zugehörigkeit zu einer in bestimmter Weise definierten Gruppe konstruieren, was aber noch gar nichts über gesellschaftliche Zusammengehörigkeit aussagt.

Immer und überall sind Menschen ­gewandert; seit es Grenzen gibt, auch über Grenzen hinweg. Diese Wanderungsprozesse haben zu der Vielfalt geführt, die der wesentliche Grund für den Erfolg der Spezies Mensch ist.

Renate Henscheid, Witten