Kirche berichtet über sexualisierteGewalt

Betroffenenrat im Bistum Hamburg kritisiert, dass er weder angehört noch eingeladen wurde

Von Hellen Kachler

Das Erzbistum Hamburg hat am Donnerstag einen ersten Bericht über seinen Umgang mit sexualisierter Gewalt veröffentlicht. Auf einer Pressekonferenz berichtete Generalvikar Sascha-Philipp Geißler über die Arbeit der Stabsstelle Prävention und Intervention in den Jahren 2011 bis 2023. Ein solcher Bericht soll künftig jährlich veröffentlicht werden. Der Betroffenenrat Nord der Opfer sexualisierter Gewalt in der Katholische Kirche kritisierte, dass er vor der Veröffentlichung des Berichts nicht angehört und auch zu der Pressekonferenz nicht eingeladen wurde.

Mit der Stabsstelle Prävention und Intervention hat das Bistum auf die sich häufenden Fälle sexualisierter Gewalt in der Kirche reagiert. Auslöser waren die 2010 bekannt gewordenen Fälle sexualisierter Gewalt am Canisius-Kolleg, einem katholischen Gymnasium in Berlin. Die Stabsstelle kümmert sich nicht nur darum, sexualisierter Gewalt im Bistum vorzubeugen, sie soll auch bei konkreten Fällen eingreifen und geschehenes Unrecht aufarbeiten. Innerhalb des Erzbistums haben bereits 122 Institutionen ein zertifiziertes Schutzkonzept erarbeitet. 14.000 Personen wurden geschult.

Neues Thema geistlicher Missbrauch

Im Jahr 2022 gingen 24 Meldungen im Referat Intervention ein. In sieben dieser Fälle waren die Tä­te­r*in­nen Kle­ri­ke­r*in­nen oder Mitarbeitende im kirchlichen Dienst. Fünf dieser Fälle sind allerdings schon verjährt. Konkretes zum Ablauf der Interventionen war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Die betroffenen Institutionen hätten sich um die Fälle selbst gekümmert. Die Stabsstelle sei lediglich informiert worden, sagte Katja Kottmann, Leiterin des Referats Intervention. Neu aufgegriffen hat die Stabsstelle das Thema des geistlichen Missbrauchs. Bereits im Frühjahr 2021 gründete sich dazu eine Arbeitsgruppe. Dabei herausgekommen ist bis dato ein etwas versteckter Auftritt auf der auf der Website des Erzbistums Hamburg.

Dass er nicht hinzugezogen wurde, spiegelt aus Sicht des Betroffenenrates ein wichtiges Manko wider: Das Erzbistum missachte die Anhöhrungsrechte Betroffener, die es in seinem eigenen Statut festgeschrieben habe. Ein Gesprächstermin mit dem Rat hat Generalvikar Geißler erst für die kommende Woche anberaumt, was Norbert Thewes, Vertreter des Rats, als die „falsche Reihenfolge“ bezeichnete.

Der Betroffenenrat kritisierte auch die Organisation der Stabsstelle. Mit dem Generalvikar habe sie einen abhängigen „Aufklärer in eigener Sache“ als Leiter installiert. Überdies sei in dem Bericht nicht die Rede davon, wie Betroffene konkret begleitet wurden. Auch verzichte das Bistum darauf, Täter zu benennen. Der Kritik des Betroffenenrates, die auch von Journalist*innen bei der Pressekonferenz aufgegriffen wurde, wiesen die Kirchenvertreter*innen zurück. Der Bericht beziehe sich auf die Vergangenheit. Für Veränderungen in der Zukunft seien sie offen.