Anwohner sehen keinen Grund zur Räumung

Die Besetzer eines städtischen Areals in Aachen haben bei der Verwaltung einen Antrag zur Nutzung des Geländes eingereicht. Das Räumungsultimatum ist inzwischen verstrichen. Anwohner sprechen sich für den Wagenplatz aus

AACHEN taz ■ Die Besetzer eines städtischen Grundstückes in Aachen haben das Ultimatum der Stadt zum Verlassen des Areals verstreichen lassen – Solidaritätsbekundungen von Seiten lokaler Politiker und aus der Anwohnerschaft hatten sie darin bestärkt. Gestern reichten die jungen Leute dann einen durch Anwohner gestützten Bürgerantrag zur Nutzung des brach liegenden Geländes bei der Stadt ein. Die Stadtverwaltung behält sich dessen ungeachtet weiterhin Strafanzeigen gegen die linken Politaktivisten und eine Zwangsräumung vor.

Die jungen Leute hatten das städtische Areal am ersten Juni-Sonntag mit mehreren Bauwagen besetzt und von der Stadt gefordert, dies zu dulden (taz berichtete). Das Gelände möchten sie als „Möglichkeit zum alternativen, experimentellen und eigenständigen Wohnen“ nutzen.

Nach ersten Vorbehalten seitens der Anwohner begrüßten einige die Aktion, andere wollten als Bürgerinitiative auf die Räumung drängen. Man wolle nicht, dass es zur Räumung komme, bekundeten AnwohnerInnen aus dem Stadtteil Forst. In einem eilig einberufenen Pressegespräch kritisierten sie am Freitag überdies, dass die Stadt sich lange nicht um das Grundstück gekümmert habe, daher gebe es keinen Grund für einen Polizeieinsatz. Mütter betonten, ihre Kinder nutzten seit der Besetzung das Gelände als Spielplatz. Eine Baumschaukel, ein Kicker und die mit den Kindern spielenden Autonomen waren für den Grünen-Fraktionssprecher Günter Schabram gar Anlass, das Gelände als „betreuten Abenteuerspielplatz“ zu bezeichnen. Schabram und Fraktionssprecherin Elisabeth Paul bemühten sich, wie sie sagen, um eine Vermittlungslösung. Die beiden Grünen appellierten im Namen ihrer Ratsfraktion an Aachens OB Jürgen Linden, von einer „gewaltsamen Räumung“ abzusehen und den Dialog zu suchen.

Die Stadt hatte den Autonomen ein Ultimatum gesetzt, wonach sie das Gelände bis zum vergangenen Samstag „freiwillig“ zu verlassen hätten. Die Besetzer hatten ihrerseits die Verwaltung schriftlich darum gebeten, „die Räumungsfrist um mindestens zwei Wochen zu verlängern“. Eine Besetzerin begründete die erwünschte Verlängerung, man müsse erst neue Stellplätze für die Wagen finden. Der gestern eingereichte Bürgerantrag, sagte sie der taz, solle erst im September bearbeitet werden.

OB Linden hatte schon in der Ratssitzung am letzten Mittwoch bekräftigt, dass die Stadt auf die Einhaltung des Ultimatums bestehe. Zudem hatte er es abgelehnt, einen Antrag des Ratsherren Horst Schnitzler (UWG) kurzfristig auf die Tagesordnung zu setzen. Schnitzler schlägt darin vor, den Besetzern das unverkäufliche Gelände zu überlassen. Wortmeldungen der Ratsherren Andreas Müller (PDS) und Marc Treude (Gemeinsam gegen Sozialkahlschlag/SAV), den Antrag wegen Dringlichkeit doch zu beraten, hatte Linden abgelehnt und auf die Ratssitzung im September verwiesen.

In der Bürgerfragestunde hatte der OB jedoch Unterschriftenlisten entgegen genommen, auf denen Anwohner sich für den Wagenplatz aussprechen. Binnen eines Tages waren den Besetzern zufolge Unterschriften von 63 Erwachsenen und 35 Kinder gesammelt worden. Inzwischen gebe es schon über 20 neue Unterzeichner aus der Nachbarschaft. MICHAEL KLARMANN