Straße gesperrt, Partyzelt als Unterstand

Früher waren sie die „erste Hilfe für ihr Handy“. Jetzt versuchen fast alle Mitarbeiter von Quips, einem Mobilfunk-Dienstleister in Elmshorn, per Streik das Bestmögliche aus ihrer drohenden Arbeitslosigkeit zu holen

Der erhaben biblische Vergleich vom Kampf David gegen Goliath ist durchaus zutreffend: Seit dem frühen Montagmorgen befindet sich die Belegschaft des drittgrößten Mobilfunk-Reparatur-Service-Centers „Quips“ im schleswig-holsteinischen Elmshorn im Ausstand. Mit ihrem Streik versuchen die 50 MitarbeiterInnen, den Mächtigen in der Bamberger Zentrale des BI-LOG-Konzerns zumindest noch ein finanzielles Zugeständnis abzutrotzen, wenn sie ohnehin schon ihre Jobs verlieren. Die IG Metall Unterelbe fordert per Tarifvertrag eine sozialverträgliche Lösung durch Abfindungen einer Transfergesellschaft.

Der Arbeitskampf in dem abgelegenen Industriegebiet hat äußerst professionell begonnen. Die Straße vor Quips ist gesperrt. Dort wurde ein Container für die Streikleitung aufgebaut, der über Strom und Telekommunikation verfügt. Ein Partyzelt dient als Unterstand, falls das Wetter umschlägt. Es ist eine Solidaritätsseite im Internet geschaltet, drei Mal die Woche erscheint sogar eine Streikzeitung für die Unterelberegion und Metallbetriebe im Norden. Die Streikposten sind trotz der geringen Belegschaftszahl penibel rund um die Uhr eingeteilt, damit von BI-LOG oder den vier Streikbrechern keine Produktionsmittel aus der Firma abtransportiert werden können. Das ist im Vorfeld des Streik mehrfach versucht worden. Nachdem 93,3 Prozent der Beschäftigten für Streik votiert hatten, verschärfte die Geschäftsführung den Konflikt. Obwohl durch eine gerichtliche Einigungsstelle zu vorherigen Interessenausgleich-Verhandlungen verpflichtet, hat Geschäftsführer Hans-Peter Kummerfeld dem Betriebsrat 58 Kündigungsanträge auf den Tisch geknallt – also die gesamte Belegschaft. Dagegen beantragte der Betriebsrat eine einstweilige Verfügung, über die heute verhandelt wird.

Der BI-LOG-Konzern – der dem Mobilfunk-Anbieter T-Mobile vertraglich einen 48 Stunden-Service garantiert – hatte die Quips-Sparte „Erste Hilfe für ihr Handy“ vor zwei Jahren vom Talkline-Konzern übernommen. „Seither ist der Betrieb finanziell systematisch ausgeplündert worden“, schimpft Uwe Zabel, Chef der IG Metall Unterelbe. Quips-Geschäftsführer Kummerfeld lanciert hingegen in der örtlichen Presse eine andere Version: Der Betriebsrat sei für die Schließung verantwortlich, da er hohe Arbeitsgerichtskosten verursacht habe.

„Wir haben immer 120 Prozent gegeben“, sagt ein Streikender enttäuscht. „Irgendwann ist mal Schluss.“ Zuletzt forderte Quips von den MitarbeiterInnen die 42 Stundenwoche – und zwar zugleich bei flexiblen Arbeitszeiten, je nach Firmenbedarf. „Was bei Quips passiert, ist bespielhaft für dieses Land“, so das nüchterne Resümee von Jutta Blankau, Bezirksleiterin der IG Metall Küste. „Unsere Kolleginnen und Kollegen machen einen guten Job, arbeiten professionell, doch den Investoren ist das immer noch nicht genug.“

Kai von Appen

www.quips-solidaritaet.de